Bonner Querschnitte 27/2017 Ausgabe 488

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â??Geschichte der österreichischen protestantischen Weltmissionâ?? erschienen

Statements und ein Interview mit dem Autor

(Bonn, 14.08.2017) Schon im Zeitalter der Reformation gingen wichtige Impulse zur Mission auf dem Balkan bis hin zum Osmanischen Reich von einem Österreicher aus. Zudem entstammen prägende Gestalten der frühen protestantischen Missionsbewegung wie Justinian von Welz und die Vorfahren von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf ursprünglich aus Österreich. Im 19. Jahrhundert reisten schließlich auch die ersten österreichischen protestantischen Missionare aufs Missionsfeld nach Afrika und Asien.

Der Verlag für Kultur und Wissenschaft hat dazu nun eine Geschichte der österreichischen protestantischen Weltmission von Frank Hinkelmann vorgelegt. Auf anschauliche Art und Weise schildert das Buch die wechselvolle Geschichte der österreichischen, protestantischen Weltmission bis Ende des 20. Jahrhunderts. In einem Anhang werden zudem vielfach unbekannte und schwer aufzufindende Dokumente abgedruckt, so beispielsweise die in Österreich nicht mehr vorhandene Biographie des ersten burgenländischen Missionars Samuel Böhm. Eine Liste aller österreichischen protestantischen Missionare bis 1999 rundet das Buch ab.

Interview mit Frank Hinkelmann

Um was geht es in Ihrem neuen Buch?

Das Buch bietet eine Gesamtschau des österreichischen Beitrags zur protestantischen Weltmission von der Reformationszeit bis zum Ausgang des 20. Jahrhunderts. Zwar gab es bisher schon einige wenige Veröffentlichungen, die vor allem die Beziehungen Österreichs zur Basler Mission in den Vordergrund stellten, allerdings fehlte bisher eine Darstellung, die vor allem auch den weltmissionarischen evangelikalen Aufbruch seit den 1970er Jahren berücksichtigt.

In Ihrem Buch finden sich Namen, die man zwar aus der deutschen Missionsgeschichte kennt, die man aber nicht unbedingt mit Österreich in Verbindung bringt. Wie kommt das?

Hans Ungnad Freiherr von Sonnegg, Gründer der ersten Bibelanstalt in Bad Urach, war bis 1555 steirischer Landeshauptmann, bevor er aus Glaubensgründen ins Württembergische emigrierte und dort eine erste Bibelanstalt mit dem Ziel gründete, u. a. Literatur zur missionarischen Durchdringung auf dem Balkan zu drucken. Justinian von Welz, der als erster ein Konzept zur Gründung einer Missionsgesellschaft vorlegte, ist auch gebürtiger Österreicher und entstammt einem einflussreichen Adelsgeschlecht in Kärnten. Als er ein kleines Kind war, emigrierten seine Eltern auch aus Glaubensgründen nach Deutschland. Last but not least: Auch Nikolaus Ludwig Reichsgraf von Zinsendorf hat österreichische Wurzeln. Sein Großvater emigrierte aus Glaubensgründen aus dem niederösterreichischen Mostviertel nach Deutschland, doch besaß selbst Nikolaus noch Grundbesitz in der Wachau.

Welche Entdeckungen überraschten Sie bei den Recherchen für ihr Buch?

Mich überraschte, dass eine Reihe führender Persönlichkeiten der Missionswelt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Wien Station machten: So besuchte der Chinamissionar Karl Gützlaff Wien, auch Hudson Taylor machte dort Halt genauso wie John Mott. Sein Vortrag aus dem Jahr 1913 ist im Anhang des Buches abgedruckt.

Sie sprechen den Anhang an, der fast die Hälfte des Buches ausmacht – warum solch ein ausführlicher Anhang?

Mir war es wichtig, wertvolle, jedoch unbekannte Quellen zur österreichischen Missionsgeschichte einer breiteren Leserschaft zugänglich zu machen, so z. B. die Briefe, die der Burgenländer Missionar Samuel Böhm zwischen seiner Ausreise 1857 und seinem Tod im Jahr 1859 in die Heimat sandte. Diese wurden in einer deutschsprachigen Kirchenzeitung, die damals in Budapest erschien, abgedruckt – doch wer kennt diese heute noch? Diese Briefe geben jedoch zum einen seltene Einblicke in die Herausforderungen eines Missionarslebens Mitte des 19. Jahrhunderts und zum anderen bieten sie wichtige Impulse zu Themen wie Gebet oder sendende Gemeinde, von denen auch wir heute noch lernen können.

Der Anhang bietet ferner noch eine Aufstellung aller österreichischen, protestantischen Missionare, die länger als zwölf Monate auf dem Missionsfeld tätig waren und vor dem Jahr 2000 ausgesandt wurden.

Wir danken für das Gespräch!

Zum Autor

Frank Hinkelmann studierte evangelische Theologie in Gießen (D) und Apeldoorn (NL) und promovierte an der Freien Universität in Amsterdam (NL). Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Missionsgeschichte, der Evangelikalen Bewegung, des Pietismus und der österreichischen Konfessionskunde. Hauptberuflich ist er leitender Mitarbeiter eines internationalen und überkonfessionellen Missionswerkes. 12 Jahre hatte er den Vorsitz der Österreichischen Evangelischen Allianz inne und ist derzeit sowohl Präsident der Europäischen Evangelischen Allianz als auch Sekretär des Internationalen Rates der Weltweiten Evangelischen Allianz. Er ist Pfarrer im Ehrenamt in der Evangelischen Kirche und lebt mit seiner Familie in Niederösterreich.

Statements

„Wer sich für Missionsgeschichte interessiert, kennt die ‚großen Namen‘ William Carey, David Livingstone, Adoniram Judson oder eventuell auch Bartholomäus Ziegenbalg aus Deutschland. Aber wer kennt schon Missionare aus Österreich? ‚Von Österreich in alle Welt‘ wird Sie überraschen, welchen Anteil auch Österreich an der protestantischen Weltmission gehabt hat. Darüber hinaus geben die ‚Briefe aus Afrika‘ einen seltenen und ehrlichen Einblick in die Probleme eines österreichischen Pioniermissionars. Eine Liste aller protestantischen Missionare aus Österreich bis zur Jahrtausendwende rundet diese Geschichte der österreichischen protestantischen Weltmission ab.“

Wolfgang Binder, langjähriger Direktor Wycliff-Österreich

„Dieses Buch schließt eine Lücke in einer Reihe von Veröffentlichungen über die Missionsgeschichte. Dass damit erstmalig der Fokus speziell auf den österreichischen Teil der protestantischen Weltmission – von Freiherr Hans-Ungnad von Sonnegg bis in die unmittelbare Vergangenheit – gerichtet wurde, ist nicht hoch genug einzuschätzen und auch zu würdigen.“

Johann Vogelnik, Obmann Lutherische Mission in Österreich

„Als Mitarbeiter, dem Mission ‚von Österreich in alle Welt‘ zutiefst ein Herzensanliegen ist, faszinieren mich die sorgsam recherchierten Details zur österreichischen Missionsgeschichte. Frank Hinkelmann schließt mit seinem 164-seitigen Werk eine Lücke durch das Zusammenfassen der zaghaften missionarischen Anfänge in der Reformationszeit (Primus Truber) bis hin zu den evangelikalen Aufbrüchen in die Weltmission in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Über alle sendenden Kirchen, Gemeindebünde und Missionswerke ist Hinkelmann ein interessanter Überblick und ein sehr lesenswerter, höchst spannender Einblick in vier Jahrhunderte österreichischer Missionsgeschichte gelungen.

Als Wahlburgenländer haben mich besonders die umfassende Biographie und die erstmals veröffentlichten persönlichen Berichte des burgenländischen Afrika-Missionars Samuel Böhm – ein Mann aus einfachem Hintergrund – sehr berührt. Ich wünsche diesem Buch eine weite Verbreitung und freue mich von Herzen darüber, dass auch weiterhin in Österreich Missionsgeschichte geschrieben wird.“

Hans-Georg Hoprich, Leiter des Team AuslandsMission (TAM), Bund Evangelikaler Gemeinden in Österreich (BEG)


Bibliografische Angaben:

  • Frank Hinkelmann. Von Österreich in alle Welt: Geschichte der österreichischen protestantischen Weltmission. Studien zur Geschichte christlicher Bewegungen reformatorischer Tradition in Österreich 10. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 2017. 166 S., Pb. € 14.80 ISBN 978-3-86269-134-0.


Downloads und Links:

Dokumente

BQ0488.pdf