Bonner Querschnitte 03/2010 Ausgabe 125

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Dr. Reinhard Hempelmann schafft eine Grundlage für das Gespräch mit den Evangelikalen

Frank Hinkelmann und Thomas Schirrmacher zu einem neuen Text der EZW

(Bonn, 02.02.2010) Dass die Evangelische Kirche fundiert, informiert, differenziert und fair über Evangelikale berichten kann, ohne Besorgniserregendes und Kritisches zu verschweigen, hat der Leiter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in seinem Büchlein „Evangelikale Bewegungen: Beiträge zur Resonanz des konservativen Protestantismus“ (EZW-Texte 206, Berlin, 2010) soeben bewiesen.

Gratulation und herzlichen Dank, Dr. Hempelmann, können wir da als Evangelikale nur sagen. Evangelikale wie Nichtevangelikale in den Kirchen sollten diese Studie lesen und als Grundlage für intensivere Gespräche nutzen.

Ich (Thomas Schirrmacher) gebe zwar offen zu, dass ich in meinem soeben erschienen Buch ‚Fundamentalismus‘ einen anderen Fundamentalismusbegriff vorschlage, als ihn Hempelmann verwendet, der einen eher innerchristlichen Begriff verwendet und deswegen die Frage des Schriftverständnisses für die Definition von Fundamentalismus für zentral hält, während ich für alle Religionen und Weltanschauungen von einem ‚militanten Wahrheitsanspruch‘ als Fundamentalismus ausgehe, die Schriftfrage aber für zweitrangig halte (schon bei der katholischen Kirche geht es nicht um die Schrift als letzte Instanz, sondern um das päpstliche Lehramt und im Hinduismus und anderen Religionen gibt es gewalttätigen Fundamentalismus ohne Rückbezug auf irgendwelche Schriften).

Aber da Dr. Hempelmann deutlich macht, dass man mit einem sehr konservativen Schriftverständnis tolerant und demokratiefreundlich und ohne ein solches trotzdem unbelehrbar sein kann, können wir kann ich dennoch fast alles nachvollziehen, was er schreibt.

„Es gibt berechtigten Anlass, differenzierende Begriffsverwendungen anzumahnen.“ (29), schreibt Dr. Hempelmann, etwa nicht Fundamentalismus und Evangelikalismus gleichzusetzen. Auch bei einem fundamentalistischen Schriftverständnis mahnt er immer noch weitere Differenzierungen an, ob man sich „offen und anerkennend in einer größeren Gemeinschaft von Christinnen und Christen bewegt“ oder ob man andersdenkenden Christen einfach das Christsein abspricht (29).

Offen sieht Hempelmann den Fundamentalismus auch als Anfrage an die Kirche und die Kirchen, zeigt er doch „Defizite an gemeinschaftsbildender Kraft, ethischer Verbindlichkeit und religiöser Orientierung auf“ (35).

Sicher wird es im von Hempelmann gut dargestellten enorm breiten Spektrum der Evangelikalen, Charismatiker und Pfingstler auch solche geben, die weder das Gespräch mit anderen Evangelikalen, noch das mit der Evangelischen Kirche wünschen. Aber wer unter den Evangelikalen an dem Gebot Jesu zur Einheit der Christen festhält und wer davon überzeugt ist, dass wir nur gemeinsam unserem Volk die christliche Botschaft bezeugen können, wird die Anfragen selbstkritisch prüfen und die ausgestreckte Hand nicht ausschlagen, die angesichts des Drucks der Medien nicht selbstverständlich ist, sondern ihrerseits Mut erfordert.

Drs. Frank Hinkelmann, Vorsitzender der Österreichischen Evangelischen Allianz

Prof. Dr. Thomas Schirrmacher, Sprecher für Menschenrechte der weltweiten Evangelischen Allianz

 

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BQ0125_01.pdf