Bonner Querschnitte 03/2014 Ausgabe 289
ZurückOrientierungshilfe: Ein linkes Parteiprogramm?
Der Theologe Thomas Schirrmacher hält das Familienpapier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für parteipolitisch einseitig. AuÃerdem verharmlose es das DDR-Regime. Das erklärt er in einem wissenschaftlichen Gutachten.
(Bonn/Wetzlar - pro/al, 10.02.2014) Die Orientierungshilfe der EKD erinnere an ein linkes Parteiprogramm, schreiben Schirrmacher und sein Kollege Titus Vogt in ihrer âsoziologischen und theologischen Kritik des Familienpapiersâ. Eine Zusammenfassung ist im Magazin des Evangelischen Arbeitskreises der Union âEvangelische Verantwortungâ erschienen. Schon die Zusammensetzung der zuständigen Kommission lieÃe eine bürgerliche Stimme vermissen. Entsprechend fielen auch die Forderungen des Papiers aus. Sie seien âpraktisch identischâ mit dem Parteiprogramm von Bündnis 90/Die Grünen, stimmten zum Teil aber auch mit dem der Linken überein. In Fragen der Familienpolitik sei auch eine Nähe zur SPD gegeben, âauch wenn man dort in Bezug auf die völlige Entthronung der Ehe viel zurückhaltender formuliertâ, schreiben die Autoren. Als Beispiele führen sie die Ablehnung des Betreuungsgeldes und des traditionellen Ehegattensplittings in der Orientierungshilfe an sowie die Befürwortung einer Ganztagskinderbetreuung und die rechtliche Angleichung von Ehe und Lebenspartnerschaft.
Das Familienpapier âZwischen Autonomie und Verantwortungâ war im vergangenen Sommer erschienen und hatte groÃe Kritik nach sich gezogen. Die Protestanten sprechen sich darin unter anderem für die Ãffnung der Kirche gegenüber homosexuellen Paaren aus. Wie Schirrmacher und Vogt im Vorwort schreiben, haben sie ihre Kritik bereits nach dem Erscheinen der Orientierungshilfe an die EKD herangetragen. Da die Kirche die StoÃrichtung des Familienpapiers mehrmals bekräftigt habe, hätten sie sich nun dazu entschieden, das Gutachten zu veröffentlichen. Denn sie strebe nicht weniger an als eine neue, normative Ethik zu verkünden, gehe dabei aber beispielsweise undifferenziert mit der deutschen Vergangenheit um: âDie DDR erscheint als Ort der Gleichberechtigung durch zwei in Vollzeit erwerbstätige Eltern mit früh einsetzender ganztägiger Kinderbetreuung.â Nicht thematisiert werde, âdass die Familienpolitik der DDR das vermutlich erfolgreichste Werkzeug gegen die Kirchen war und zur Entfremdung ganzer Generationen von Gott und Kirche geführt hatâ.
Verharmlosend, anti-ökumenisch, theologisch dünn
Das Familienpapier verharmlose auch das Scheitern von ehelichen und familiären Beziehungen und stelle Forschungsergebnisse zu Scheidungsfolgen, Kita-Betreuung oder Regenbogenfamilien einseitig dar. âDie sexuelle Treue ist als ethischer Wert abhanden gekommenâ, bewerten die Gutachter das Papier weiter.
Auch ein mangelndes Bemühen um die Ãkumene werfen Schirrmacher und Vogt den Autoren vor. Andere Kirchen als die EKD und die Katholiken kämen schlicht nicht vor. âGibt es von Christen auÃerhalb der EKD und von andersdenkenden Christen innerhalb der EKD gar nichts mehr zu lernen?â, fragen sie und kritisieren âantikatholische Formulierungenâ, etwa das Lob der Option zum gemeinsamen Abendmahl konfessionsübergreifender Familien in protestantischen Kirchen. âDas ist eine Einladung an Katholiken, die Lehre ihrer Kirche bewusst zu missachten.â
Die exegetische Begründung der biblischen Nicht-Ablehnung von Homosexualität nennen sie âausgenommen dünnâ und stellen zudem fest: âDie theologische Argumentation der Orientierungshilfe lautet pointiert formuliert: Die Bibel hat keine Position dazu, sondern kennt Vielfalt, also dürfen wir keine Position dazu haben, sondern müssen für Vielfalt sein.â
Quelle: www.pro-medienmagazin.de
Bibliografische Abgaben:
· Thomas Schirrmacher, Titus Vogt. âEin neues normatives Familienmodellâ als ânormative Orientierungâ â Eine soziologische und theologische Kritik des Familienpapiers der EKD. Wissenschaftliches Gutachten zum Familienpapier der EKD. edition pro mundis Bd. 18. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 2014. ISBN 978-3-86269-079-4. 12,00 EUR
· Bestellbar über www.vkwonline.de oder den örtlichen Buchhandel.
Downloads und Links:
· Vollständiges Gutachten als pdf
· Cover als pdf
· Cover Vorderseite als jpg
· Heft 1+2/2014 von âEvangelische Verantwortungâ â Das Magazin des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU: http://www.eak-cducsu.de/web/verantwortung.php