Bonner Querschnitte 06/2012 Ausgabe 200

Zurück

Bischof Aydin ruft CDU zur Unterstützung der Christen im Nahen Osten auf

(Bonn, 22.03.2012) Zum 60 jährigen Jubiläum des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU fand sich auch seine Exzellenz, Erzbischof Dr. Julius Hanna Aydin ein, der herzlich in Siegen empfangen wurde. Als Vertreter der Syrisch-Orthodoxen Kirche nahm er am ökumenischen Eröffnungsgottesdienst teil, um gemeinsam mit den evangelischen Glaubensgeschwistern das Brot zu brechen.

An der Veranstaltung nahmen auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Generalsekretär der CDU Hermann Gröhe, Altbundespräsident Roman Herzog und der Vorsitzende des Rates der EKD, Nicolas Schneider, teil. Mit Sorge betrachtet der EAK die Entwicklungen im Nahen Osten nach dem arabischen Frühling, der für so viele Menschen die Hoffnung auf ein freies Leben nach den universellen Menschenrechten darstellte. Erzbischof Dr. Julius Hanna Aydin unterstrich mit seiner Rede und einigen Beispielen, dass diese Sorgen nicht unbegründet seien. Thomas Schirrmacher, Direktor des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit und ebenfalls als Ehrengast beim Jubiläum des EAK, dankte Bischof Aydin dafür, den westlichen Kirchen hartnäckig das Schicksal seiner Kirche vor Augen zu führen und so schon manches in Politik und Kirche bewegt zu haben.

 

Wir stellen hier die Rede und das Schreiben von Bischof Aydin an die CDU zur Verfügung.

Schreiben von Bischof Aydin an den EAK

Sehr geehrte Mitglieder des EAK der CDU/CSU Deutschland
Sehr geehrte Damen und Herren,

gerne bin ich Ihrer Einladung zum 60jährigen Jubiläum des EAK gefolgt. Hierzu spreche ich Ihnen meine herzlichsten Glückwünsche aus.

Ich möchte diese Veranstaltung nicht ungenutzt lassen, um Ihnen meine Sorgen vorzutragen. Es tröstet uns, wenn wegen der Verfolgung der Christen in der Welt, die demokratischen und europäischen Staaten, die Kirchen und die politischen Vertreter ihre Stimme erheben und diese Untaten anprangern. Gerade wir altorientalischen Christen (syrisch-orthodoxe und koptische Christen), als die ältesten christlichen Kirchen der Kirchengeschichte, sind von der Verfolgung durch staatliche und religiöse Gewalt durch die Jahrhunderte hindurch gekennzeichnet. Auch heute erleben wir wieder bedeutende Verfolgungswellen gegen unschuldige Menschen, die wegen ihrer Glaubensüberzeugung leiden.

 

Fünf Schwerpunkte möchte ich in diesem Zusammenhang erwähnen:

1. Dem von den Europäern als „Arabischer Frühling“ bezeichneten revolutionären Aufbruch am Mittelmeer, besonders auch in Ägypten, folgte sofort ein politischer Winter, der die alten Herrscher stürzte und neue an ihre Stelle setzte. Das beweisen die Wahlen in Ägypten, nach denen die Salafisten mit ihren Tod bringenden Ansichten über nichtmuslimische Ägypter als eine der stärksten politischen Kräfte künftig die Zukunft in dem Land bestimmen. Schon jetzt müssen wir konstatieren, dass besonders die koptischen Gemeinden in dem Land der vermehrten Verfolgung ausgesetzt sind und koptische Christen den Tod für ihren Glauben erleiden.

 

2. Der Untergang der arabisch irakischen Republik unter Sadam nach dem Irakkrieg hat dazu geführt, dass alle Christen im Land der Verfolgung ausgesetzt waren und sind. Von den vor dem Irakfeldzug in dem Land lebenden ca. 1,5 Millionen Chaldäern, syrisch-orthodoxen und assyrischen Christen sind mehr als die Hälfte vertrieben worden oder umgekommen. Ganze Landstriche sind, um im islamischen Jargon zu bleiben, von den Christen gereinigt worden. Hierzu gehört vor allem die Region um Mosul.

 

3. Die Lage in Syrien bereitet uns große Sorgen. Unser Patriarchat in Damaskus, dem Zentrum unserer Kirche in der Welt, und die drei Diözesen sind der Gefahr ausgesetzt, dass sie Opfer bei diesen Auseinandersetzungen sind. Unsere Erfahrung lehrt, dass in dem Augenblick, wenn revolutionäre Strömungen die politischen Strukturen verändern, die ersten Opfer die Christen sind. Das beweisen die Entwicklungen im Irak, in Libyen und in Ägypten. Wir sind als Christen gegen jede Verfolgung und Unterdrückung. Für uns ist Blutvergießen eine schwere Sünde. Dagegen bejahen wir friedliche Lösungen, die unter Beachtung der Menschenrechte jedem eine Existenz zusichern.

 

4. In der Türkei hat sich die Lage der syrisch-orthodoxen Christen nur wenig geändert. Das beweist das immer noch nicht zum Abschluss gekommene Verfahren gegen unser Kloster Mor Gabriel (396 gegründet), dem ältesten christlichen Kloster im vorderen Orient. Mit unwahren und allen historischen Fakten widersprechenden Angaben sind die muslimischen Vertreter bemüht, den Christen diese alte und symbolträchtige Einrichtung zu entreißen. Wie unhaltbar die Behauptungen muslimischer Vertreter sind, beweist die in das Verfahren eingeführte These, das Kloster sei von Anfang an eine muslimische Gemeinschaft gewesen. Die Christen hätten es den eingesessenen Menschen in der Region gestohlen, darum müsse alles wieder in muslimische Hände gegeben werden. Das beweist auch die Tatsache, dass in zwei Verfahren der Grundbesitz dem Kloster abgesprochen worden ist.

Hinzu kommen immer wieder die zwischen den Kurden und den Türken ausgefochtenen Besitzkämpfe, die alle auf dem Rücken unserer Christen ausgetragen werden.

Auch ist die Lage der aus dem Irak in die Türkei geflohenen Christen menschenverachtend. Sie leben z.T. noch in Kellerlöchern, Frauen und Mädchen sind zur Prostitution gezwungen und die Zukunft ist für sie ohne Chancen.

 

5. Ebenso ist die Lage der Christen im Iran und in Pakistan unhaltbar. Allein der sogenannte „Gotteslästerungsparagraph“ der bereits verletzt ist, wenn an Stelle des Wortes „Allah“ der christliche Gott genannt wird, führt immer zu Verurteilungen, Verfolgungen bis hin zu Todesstrafe.

Es drängt mich, Ihnen all dies mitzuteilen, weil ich der Meinung bin, dass wir in Europa alles daran setzen müssen, dass die allgemeinen Menschenrechte eingehalten und die Glaubensverfolgungen von Menschen künftig unmöglich werden. Es wäre Zeit, in dieser Frage auch den Weltgerichtshof in Den Haag zu beteiligen, damit böswilligen und verleumderischen Behauptungen ein Riegel vorgeschoben wird.

 

Gottes Segen sei mit Ihnen und möge Ihre Arbeit begleiten.

 

Julius Dr. Hanna Aydin
Erzbischof der syrisch-orthodoxen
Kirche in Deutschland

 

 

Downloads:

·         Foto Erzbischof Dr. Julius Hanna Aydin (Initiates file downloadjpg)

·         Schreiben von Erzbischof Aydin an den EAK der CDU/CSU (Initiates file downloadpdf)

Dokumente

BQ0200_01.pdf