Bonner Querschnitte 11/2014 Ausgabe 297

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Evangelische Christen in der Türkei rufen zum Frieden und hoffen auf Gerechtigkeit

Neue Räume der Gemeinde in Malatya eingeweiht


(Malatya/Bonn, 19.04.2014) Rund 250 evangelische Christen haben sich in der Türkei am Freitag zu Gedenkfeiern an den Gräbern der am 18. April 2007 in Malatya ermordeten Christen getroffen. Damals waren die türkischen Christen Necati Aydin und U?ur Yüksel sowie der deutsche Christ Tilmann Geske von fünf jungen Männern wegen ihrer christlichen Verkündigung in der osttürkischen Stadt Malatya brutal ermordet worden. Necati Aydin wurde im westtürkischen Izmir begraben, U?ur Yüksel in seiner rund 100 km von Malatya entfernten Heimatstadt Elaz?? und Tilmann Geske auf Wunsch seiner Witwe Susanne in Malatya selbst. Susanne Geske und ihre drei Kinder leben seitdem weiter in Malatya.


Die Botschaften bei den Gedenkfeiern wiesen darauf hin, dass der 18. April in diesem Jahr auf den Karfreitag fiel. Jesus Christus, so der Istanbuler Pastor Levent Kinran in seiner Kurzansprache in Malatya, sei für die drei Märtyrer gestorben, die ihr Leben wiederum für ihn gegeben hätten. Der Tod Jesu und seine Botschaft des Friedens gelten aber allen Menschen in Malatya und der ganzen Türkei.

Bedri Peker, Pastor der Dirisu-Gemeinde in Istanbul, erklärte in seiner Kurzpredigt in Elaz??, dass auch für die Türkei nur das Blut Jesu Christi den Frieden bringe. Für diesen Frieden hätten die drei Christen ihr Leben gegeben. Ihsan Özbek, Pastor der Evangelischen Kurtulu?-Gemeinde in Ankara, betonte, dass die Christen der Türkei die eigentliche Gerechtigkeit nur von Gott erwarteten. Er rief aber gleichzeitig die politischen Verantwortungsträger der Türkei dazu auf, soweit wie möglich menschliche Gerechtigkeit herzustellen. Die Freilassung der auf frischer Tat ertappten Mörder von Malatya in den Hausarrest vor ein paar Wochen habe in der kleinen evangelischen Gemeinschaft der Türkei Verwundungen hinterlassen.


Im Anschluss an die Gedenkfeier in Malatya verlasen die Anwälte Erdal Do?an und Hafize Çobano?lu im Namen der im Malatya-Prozess seit fast 7 Jahren engagierten türkischen Rechtsanwälte eine Presseerklärung. Sie kommentierte den bisherigen Verlauf des Malatya-Prozesses. Die Absicht der Verwandten der Opfer, der protestantischen Christen und auch der für sie engagierten türkischen Anwälte sei es von Anfang an gewesen, nicht nur die als Täter verhafteten fünf jungen Männer möglichst schnell abzuurteilen. Die Hintermänner als eigentliche Täter und die Geisteshaltung hinter diesen Morden sollten ans Licht kommen, damit ähnliche Morde gegen Minderheiten in Zukunft möglichst verhindert würden. Viele konkrete Eingaben an die Staatsanwaltschaft und an das Gericht, die sich später als zutreffend erwiesen hätten, seien jedoch lange Zeit nicht ernst genommen worden.

Die Gesetzesänderung, die die Untersuchungshaft auf maximal fünf Jahre begrenzt, sei zu begrüßen. Leider sei die Freilassung der Mörder im Malatya-Prozess jedoch wie eine Belohnung der Täter seitens des Staates. Die Anwälte gelobten jedoch, ihre Bemühung zur Aufdeckung von Ungerechtigkeit fortzusetzen.


Am späten Nachmittag fand die Eröffnung der Gemeinderäume der evangelischen Gemeinde von Malatya statt. Diese Gemeinde war unter Mithilfe der drei Märtyrer gegründet worden, hatte sich aber bisher nur in Privatwohnungen zu gottesdienstlichen Versammlungen getroffen. Unter großer Beteiligung von Protestanten aus verschiedenen Orten der Türkei, aber auch mit dem Besuch etlicher Nachbarn, wurden erstmals öffentliche Räume für den Dienst der christlichen Gemeinde in Dienst genommen. Auffällig war die große Polizeipräsenz und gleichzeitig die gelöste und freudige Atmosphäre.

 

Downloads:

·        alle Fotos © Internationales Institut für Religionsfreiheit (IIRF)

·        Initiates file downloadBild1: Christen am Grab von U?ur Yüksel

·        Initiates file downloadBild2: Die Anwälte Erdal Do?an, Hafize Çobano?lu auf der Gedenkfeier

·        Initiates file downloadBild3: Levent Kinran bei der Predigt am Grab von Tilmann Geske

·        Initiates file downloadBild4: Von linke: Susanne Geske, Ihsan Özbek, Levent Kinran, die das rote Band zur Eröffnung der Gemeinderäumlichkeiten durchschneiden

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