Bonner Querschnitte 13/2014 Ausgabe 299

Zurück

â??Islam, Muslime und die kulturelle Identitätâ??

Vortrag von Christine Schirrmacher bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Deutschlandforschung „Deutschland herausgefordert“, Berlin

(Bonn, Datum) Im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaft für Deutschlandforschung in Berlin sprach Christine Schirrmacher, im zu Ende gegangenen Wintersemester 2013/2014 Teaching-Equality Professorin an der Universität Tübingen, über »Islam, Muslime und die kulturelle Identität«. Hier eine kurze Zusammenfassung ihrer Ausführungen:

Das Thema biete ausreichend Stoff für Debatten, die für die einen die „Islamophobie“ der Protagonisten offenbaren, für die anderen deren Hoffnungen auf ein friedliches „Multi-Kulti“. Diese Begriffe bedienten Emotionen, jedoch sind sachliche Analysen und Fakten gefragt. Dabei werde die Lage, so die Referentin, in Bezug auf den Islam in Deutschland häufig als zu negativ eingeschätzt, in Bezug auf den Islamismus (den politischen Islam) jedoch vielfach unterschätzt. Die Debatte über die Trennlinie zwischen Islam und Islamismus werde insgesamt zu wenig geführt; muslimische Migranten und politisch-islamische Bewegungen würden über einen Kamm geschoren oder Muslime allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit misstrauisch beäugt, während gleichzeitig der politische Islam, seine Vertreter und Ziele häufig unzureichend beleuchtet werden. Solange politisch-islamische Gruppen nicht offen zur Gewalt aufrufen, würden sie kaum beachtet und hinterfragt, während gleichzeitig deren Rechts- und Demokratieverständnis in keiner Weise grundgesetzkompatibel seien. Insgesamt müsse sich unsere Gesellschaft stärker mit dem legalistisch-politischen Islam beschäftigen und dürfe nicht zulassen, dass eine Abschaffung der Demokratie mit demokratischen Mitteln von manchen dieser Gruppierungen betrieben und die letztliche Umsetzung der Scharia eingefordert wird. Politische Forderungen, wie die Anerkennung der nach Scharia definierten Frauen-, Freiheits- und Menschenrechte seien nicht diskutabel.

Es existierten zahlreiche Herausforderungen für das Zusammenleben verschiedener Kulturen, Ethnien und Religionen. Die Frage der Identität der Zuwanderer spiele insofern eine zentrale Bedeutung, als dass gerade die 3. Generation sich häufig zwischen allen Stühlen wiederfindet. Die ungeklärte Frage der eigenen Identität (Deutscher? Türke? Deutschtürke?) und mögliche Brüche in der persönlichen Biografie (Tod, Scheidung, Entwurzelung) machten salafistische Gruppen für manche von ihnen attraktiv und bärgen zugleich die Gefahr einer Radikalisierung. Daher sind Bildungsanstrengungen, Sprachfähigkeit, berufliche Qualifizierung, Förderprogramme sowie De-Radikalisierungsanstrengungen nötig, um u. a. über wirtschaftliche Erfolge Integration zu ermöglichen. Gleichzeitig, so Schirrmacher, sollten die Schwellen für eine ungesteuerte Zuwanderung erhöht werden.

Die notwendige Debatte über Demokratie und Integration werde auch dadurch erschwert, dass es keine repräsentative organisierte Gemeinschaft von Muslimen in Deutschland gibt. Häufig stellten sich politische Vertreter von Islamverbänden als Sprecher aller Muslime dar, ließen es aber an positiven Begründungen für den säkularen Staat, eine eindeutige und auf Dauer angelegte Bejahung der Demokratie sowie eine grundlegende Absage an die Gültigkeit des Schariarechts fehlen. Diese Strategie könne nicht die Grundlage für die gleichberechtigte Anerkennung der Islamverbände als Religionsgemeinschaften sein. Unverzichtbar bliebe daher der Blick hinter die Kulissen, etwa, was die „Charta“ des Zentralrats der Muslime in Deutschland betrifft und was sie wirklich sagen will.

 

Unter Verwendung des Gesamtberichtes der Jahrestagung von Andreas M. Vollmer.

 

Downloads und Links:

·        Programm/Einladungsflyer (Opens external link in new windowpdf)

·        Gesamtberichtes der Jahrestagung von Andreas M. Vollmer (Opens external link in new windowpdf)

·        Gesellschaft für Deutschlandforschung: www.gfd-berlin.de

·        Initiates file downloadFoto: Prof. Dr. Christine Schirrmacher

Dokumente

BQ0299.pdf