Bonner Querschnitte 16/2018 Ausgabe 533
ZurückStephanus-Preis für verfolgte Christen an Kardinal Zen aus Hongkong verliehen
Thomas Schirrmacher veröffentlicht seine Laudatio
(Bonn, 15.06.2018) Für seinen Mut und seine Beharrlichkeit im jahrzehntelangen Einsatz für die Freiheitsrechte, insbesondere für Religionsfreiheit, ist am am 7. April in Bonn dem früheren Bischof von Hongkong, Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, der âStephanus-Preis für verfolgte Christenâ verliehen worden. Der stellvertretende Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz, Bischof Thomas Schirrmacher, sagte in seiner Laudatio: âIhr ganz und gar friedliches und respektvolles, aber mutiges und riskantes Handeln im Einsatz für diejenigen, die bedrängt und verfolgt werden, macht sie mehr als würdig, den Stephanus-Preis zu empfangen, der nach dem ersten christlichen Märtyrer benannt ist.â Schirrmacher hob besonders die Rolle des katholischen Würdenträgers beim Zusammenschluss der Menschenrechtsverteidiger in Hongkong hervor, die sich jedes Jahr am 1. Juli, dem Jahrestag der Ãbergabe Hongkongs an China im Jahr 1997, gegen den politischen Einfluss der Kommunistischen Partei auf das System in der Sonderverwaltungszone zur Demonstration zusammenfinden. Der 86 Jahre alte Kardinal plant auch in diesem Jahr beim Protestmarsch der Civil Human Rights Front (Bürgerlichen Menschenrechtsfront) ganz vorne mit dabei zu sein. Als er im Jahr 2014 die Demonstranten aufforderte, wirklich zu zeigen, keine Sklaven, sondern frei sein zu wollen, wurden die Versammelten mit Tränengas angegriffen.
Bischof Schirrmacher, der auch Präsident des Internationalen Rates der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) ist, erklärte, Kardinal Zen sei nicht nur eine klare Stimme gegen die Diskriminierung von Christen, sondern auch ein Verteidiger der Religionsfreiheit für alle Menschen, gleichgültig welcher Religionszugehörigkeit. Und er ist âdrittens ein Symbol für Menschenrechte im Allgemeinen, weit über rein religiöse Probleme hinausâ.
Sehr bewegend sei die Hungerstreik-Aktion des Kardinals 2011 im Alter von 79 Jahren gewesen, betonte Stiftungsvorsitzende Michaela Koller. Die Kommunistische Partei Chinas übte damals Druck auf Hongkongs Legislativrat aus und erreichte eine Gesetzesänderung, in deren Folge der Einfluss der katholischen Kirche auf rund 300 Schulen in ihrer Trägerschaft auf Unterrichtsinhalte zurückgedrängt wurde. Der Kardinal, der dem Orden der Salesianer Don Boscos angehört, habe erkannt, dass der Mensch, der Unterdrückung in der Erziehung oder in der Politik erleidet, sich nicht seiner Würde entsprechend entwickeln und entfalten kann.
In seiner Dankesrede vor rund 100 Zuhörern sagte Kardinal Zen: âIch habe nie um die Gnade des Martyriums gebetet. Das Rot, das ich trage, erinnert mich an das Blut zahlreicher Brüder und Schwestern in China, lebende Märtyrer, ohne unbedingt im wörtlichen Sinne ihr Blut zu vergieÃen.â
Sämtliche totalitären Regime hätten nur ein Ziel, die Kontrolle über alles und über jeden. Inzwischen vermieden diese Herrscher, Menschen zu Märtyrern zu machen. âSie wenden Drohungen und Bestechung an. Sie bedrohen Dich und Deine Familie, sie bestechen Dich mit Geld und Ehrenâ, warnte er. Es genüge ihnen nicht, die Menschen körperlich zu versklaven, sondern sie hielten auch ihr Gewissen in Fesseln.
In den vergangenen Wochen sorgte der Kardinal weltweit mit seiner Warnung vor der Religionspolitik der Kommunistischen Partei Chinas und einem âfaulen Kompromissâ zwischen dem Vatikan und China für Schlagzeilen. Ein neues Religionsgesetz, das seit Februar in Kraft ist, sieht deutlich mehr Kontrolle vor, als ohnehin bereits ausgeübt wird.
Die Stiftung ist nach dem Diakon der christlichen Urgemeinde benannt, der als erster Märtyrer wegen seines Bekenntnisses zu Jesus Christus gesteinigt wurde. Die Stephanus-Stiftung hilft laut ihren Statuten verfolgten Christen in Not, aktuell irakischen Flüchtlingen im Libanon und Christen in Pakistan, etwa durch einen Zuschuss zum Lebensunterhalt oder zu Anwaltskosten, und deckt Verletzungen des Rechts auf Religionsfreiheit und deren Hintergründe auf. Zu den bisherigen Preisträgern zählen die syrisch-orthodoxe Ordensfrau Schwester Hatune Dogan, die auch âmoderne Mutter Teresaâ genannt wird, der Patriarch von Babylon, Louis Raphael I. Sako, Oberhaupt der chaldäisch-katholischen Kirche, Pfarrer Gottfried Martens von der zur SELK (Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche) gehörenden Dreieinigkeitsgemeinde in Berlin-Steglitz sowie der am 7. April 2014 im syrischen Homs ermordete Jesuitenpater Frans van der Lugt. Im vorigen Jahr erhielt die pakistanische Menschenrechtsanwältin Aneeqa Anthony den Preis, die in der Vergangenheit prominente Fälle vor Gericht verteidigte, in denen Christen fälschlich der Blasphemie angeklagt waren. Gründer der âStephanus-Stiftung für verfolgte Christenâ in Frankfurt ist der Oberstudienrat im Ruhestand, Wolfgang Link, aus Gegenbach im Schwarzwald. Die Vorstandsvorsitzende Michaela Koller ist Referentin der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) in Frankfurt.
Downloads und Links:
- Die Laudatio von Thomas Schirrmacher im vollen Wortlaut (
pdf)
Foto 1: Kardinal Joseph Zen Ze-kiun hört der Laudatio auf ihn zu © BQ/Warnecke
Foto 2: Kardinal Joseph Zen Ze-kiun mit Preisurkunde und Laudator, links Michaela Koller und Dr. Emmanuel Franklyne Ogbunwezeh vom Vorstand der Stephanus-Stiftung © BQ/Warnecke
Foto 3: Bischof Thomas Schirrmacher bei seiner Laudatio auf Kardinal Joseph Zen Ze-kiun © BQ/Warnecke
Foto 4: Kardinal Joseph Zen Ze-kiun bei seiner Dankesrede, Bischof Thomas Schirrmacher als Ãbersetzer © BQ/Warnecke
Foto 5: David Schirrmacher begrüÃte den Kardinal in seiner Muttersprache als Auftakt der Laudatio © BQ/Warnecke
Foto 6: Bischof Thomas Schirrmacher gratuliert Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, links Michaela Koller, Vorsitzende der Stephanus-Stiftung © BQ/Warnecke
Foto 7: Bischof Thomas Schirrmacher bei seiner Laudatio während Kardinal Joseph Zen Ze-kiun zuhört © BQ/Warnecke
Foto 8: Kardinal Joseph Zen Ze-kiun im Gespräch mit Bischof Thomas Schirrmacher © BQ/Warnecke
Foto 9 und
Foto 10: Kardinal Joseph Zen Ze-kiun bei einer Rede bei der Generalversammlung der International Gesellschaft für Menschenrechte, Bischof Thomas Schirrmacher als Ãbersetzer © BQ/Warnecke
