Bonner Querschnitte 17/2010 Ausgabe 139

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Studienwoche in Berlin ermutigte zum Zweifeln und Vertrauen

„Im Zweifel für den Zweifel?“

(Bonn, 21.06.2010) Die Argumente, die von so genannten „Neuen Atheisten“ wie Richard Dawkins oder Christopher Hitchens gegen die Existenz Gottes vorgebracht werden, sind weder neu noch überzeugend, behauptete der Philosoph Daniel von Wachter während der Studienwoche „Im Zweifel für den Zweifel?“. Die Veranstaltung über christliche Apologetik wurde in der Zeit vom 21. bis zum 25. Juni in der Berliner Lukasgemeinde gemeinsam vom Martin Bucer Seminar und L’Abri veranstaltet. Teilgenommen haben fünfzig Christen aus Deutschland, Holland und der Schweiz.

Der Name L’Abri steht für „ Zuflucht“. Francis Schaeffer öffnete zusammen mit seiner Frau Edith 1955 in Huemoz/Schweiz Suchenden das Haus und widmete sich ihren kritischen Glaubensfragen. Viele Menschen entschieden sich damals für ein Leben in der Gemeinschaft mit Jesus Christus und übernahmen später leitende Positionen in Kirchen und Werken.

Ausgehend von der Bibel möchte L’Abri ehrliche Antworten auf ehrliche Fragen geben und betont, dass Jesus Christus Herr über alle Lebensbereiche ist. Die Studienwoche in Berlin bot daher ein vielfältiges Angebot an Vorträgen und Seminaren rund um die Themen Glaube, Kultur, Kunst und Apologetik.

Ron Kubsch vom Martin Bucer Seminar zeigte in seinem Einführungsvortrag die historische Entwicklung des Zweifels auf. Die holländischen L’Abri-Mitarbeiter Henk Reitsema und Robb Ludwick sprachen über die christliche Weltanschauung sowie die Möglichkeit, mit der Popkultur in den Dialog zu treten. Wim Rietkerk, seit vielen Jahren Leiter des holländischen L’Abri, hob hervor, dass Zweifel nicht nur ein Problem fehlender Argumente sein müssen. Oft werden Zweifel durch schlechte Erfahrungen ausgelöst. Gelegentlich fehlt Zweiflern auch einfach die Bereitschaft zum Gehorsam gegenüber dem Evangelium von Jesus Christus.

Der Althistoriker Dr. Alexander Weiß sprach über die historische Glaubwürdigkeit der Apostelgeschichte. Ein weiterer Höhepunkt war der öffentliche Abendvortrag von Prof. Dr. Dr. Daniel von Wachter über die Existenz Gottes. Von Wachter, der in Oxford unter dem bekannten Religionsphilosophen Richard Swinburne promovierte, diskutierte Einwände, die immer wieder gegen die Existenz Gottes vorgebracht werden. Dabei konnte er überzeugend darlegen, dass der Glaube an Gott mit den Anforderungen vernünftigen Denkens bestens vereinbar ist. Er verwies außerdem darauf, dass sich derzeit besonders im angelsächsischem Raum viele exzellente Wissenschaftler zum Glauben bekennen oder sich für ihn öffnen.Etliche Teilnehmer wurden durch die Studienwoche bestärkt, ihren Glauben mutiger zu bezeugen. Der Zweifel schützt, deckt Irrtümer auf, eröffnet neue Sichtweisen und hilft beim entdecken begehbarer Wege. Wenn aber Skepsis alles ist, was wir haben, wenn die Zweifel uns im Innern spalten, wenn es der Kritik immer schwerer fällt, kritisch zu sein, weil sie alles, was sie zu kritisieren pflegte, bereits zerstört hat, ist die Zeit gekommen, auch den Zweifel in Zweifel zu ziehen. „Der Glaube an die Zukunft fängt mit dem Zweifel an allen bisherigen Wahrheiten an“, sagte einst Friedrich Nietzsche. Wir brauchen einen neuen, einen konstruktiven Umgang mit dem Zweifel, der nicht alle heute einfach präsentierten „Wahrheiten“ hinnimmt. Robert Spaemann forderte kürzlich: „Der Skeptizismus der Philosophie sollte so radikal sein, dass er sich auch gegen sich selbst richtet.“ Und: „Wir müssen auch Zweifel an unseren Zweifeln haben.“

Ein großer Gelehrter und Zeitgenosse von René Descartes könnte Christen heute dabei ein Mentor werden. Der gläubige Mathematiker und Naturwissenschaftler Blaise Pascal (1623–1662) schrieb im 268. Fragment seiner Gedanken: „Man muss zweifeln, wenn es notwendig ist, sich Gewissheit verschaffen, wo es notwendig ist, und sich unterwerfen, wo es notwendig ist. Wer nicht so handelt, missachtet die Kraft des Verstandes. Es gibt Menschen, die gegen diese drei Grundforderungen verstoßen, die entweder behauten, alles sei beweisbar, weil sie nichts vom Beweisen verstehen, oder alles bezweifeln, weil sie nicht wissen, wo man sich unterwerfen muss, oder sich in allen Fällen unterwerfen, weil sie nicht wissen, wo sie urteilen müssen.“

 

Downloads:

  • Einen Beitrag des Evangeliumsrundfunks (ERF) zur Studienwoche können Sie hier herunter laden: www.erf.de/data/files/content.sources.r.allgemein/219272.mp3.
  • Mitschnitte einiger Vorträge gibt es hier: labri.de.
  • Bild Initiates file download1: Prof. Dr. Dr. Daniel von Wachter während seines Vortrags über die Existenz Gottes.
  • Bild Initiates file download2: Henk Reitsema hält eine Vorlesung über Weltbilder.
  • Bild Initiates file download3:  Wim Rietkerk, der Leiter des holländischen L'Abri.

Dokumente

BQ0139_01.pdf