Bonner Querschnitte 23/2011 Ausgabe 177

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Homeschooling in der Schweiz

Schweizer Homeschoolvater legt neue Untersuchung vor

(Bonn, 28.07.2011) Hanniel Strebel, Ökonom und Theologe (MTh, USA), hat nach ausführlichen Studien zum Homeschooling in der Schweiz eine pädagogische und theologische Begründung für Homeschooling in der Schweiz vorgelegt.

Das Buch „Home Education – Verteidigung eines alternativen Bildungskonzepts und Lebensstils unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz“ soll Lehrpersonen, Eltern und Interessierten einen umfassenden Einblick in das Thema geben. Da Hanniel Strebel, verheiratet und fünffacher Vater, Homeschooling in der eigenen Familie umsetzt, geht er im Unterschied zu anderen neuen deutschsprachigen Publikationen nicht mit der Distanz eines Unbeteiligten, sondern mit der Nähe eines suchenden Vaters an das Thema heran.

Hanniel Strebel bloggt täglich zu Fragen rund um Erziehung und Glauben unter www.hanniel.ch. Dort hat er auch rund 200 Lernerlebnisse mit Kindern online gestellt. Er schreibt zur Zeit an einem weiteren Buch „Ich konsumiere, also bin ich glücklich?“ – einem kurzen, handlungsorientierten Erziehungsratgeber.

 

[Falls mehr Platz zum Abdruck zur Verfügung steht:]

Im ersten Teil stellt Strebel theologische Grundlagen der Pädagogik dar. Im zweiten Teil stellt er die Diskussion rund um Homeschooling in Soziologie, Psychologie und Pädagogik dar. Im dritten Teil bietet Strebel sechs zentrale Argumente for Homeschooling an. Im Anhang finden sich Interviews mit Schweizer Homeschooleltern, Fallstudien und ein thematisch gegliedertes Quellenverzeichnis.

Alle Titel zum Homeschooling im Verlag für Kultur und Wissenschaft:

           


Sie finden alle Titel online unter Opens external link in new windowwww.vkwonline.de!

    

Wenn Sie mehr Platz zum Abdruck haben, bieten wir Ihnen folgendes Interview mit dem Verfasser an:

Interview zum Buch „Home Education – Verteidigung eines alternativen Bildungskonzepts und Lebensstils“.

Wie kommt ein Theologe dazu, über ein pädagogisches Thema zu schreiben?

Dafür gibt es vier Gründe. Zuerst: Ich bin wohl mit dem Lehrer-Gen auf die Welt gekommen. Es ist Teil des Potenzials, das Gott mir zugeteilt hat. Ich kann mich gut erinnern, wie ich als Siebenjähriger an meinem neuen Pult saß und mit einem Rotstift meine eigenen Notizen korrigierte.

Spaß beiseite: Es hat zweitens viel mit meinem Verständnis von Theologie zu tun. Theologie ist die Anwendung von Gottes Wort in jeden Bereich des Lebens – so die Definition des kanadischen Theologen John Frame. Das bedeutet, dass ich mein ganzes Leben aus dieser Perspektive durchleuchte. Zuerst geht es um die eigene Familie: Da ich weiß, dass sie eine von Gott geschaffene Institution ist und ich deren dienender Leiter bin, investiere ich viel Energie in ihre Entwicklung. So habe ich vor vier Jahren eine Familienvision entwickelt. Als Ökonom weiß ich, dass Vision in Strategie, Ziele und Maßnahmen ausbuchstabiert werden muss. Das habe ich getan.

Das Thema Lernen ist drittens Hauptthema meiner beruflichen Tätigkeit. Ich arbeite seit 12 Jahren in der Erwachsenenbildung. Und sie steht viertens auch im Zentrum meines kirchlichen Dienstes: Dem Predigen und der Durchführung von Seminaren. Sie sehen: Eigentlich müsste ich zwei weitere Bücher schreiben – eines für den Beruf und eines für die Kirche.

 

Sie unterrichten selbst fünf Söhne zu Hause. Ist die Arbeit also eine reine Selbstverteidigung? Oder hat die Arbeit auch Ihre Arbeit als ‚Lehrer‘ verändert?

Offiziell unterrichten wir erst zwei Söhne. Aber Sie haben Recht: Das Unterrichten bzw. Lernen ist bei uns nicht an die Institution Schule gebunden. Das Thema „Home Education“ ist eng mit der Entwicklung der Familienvision und -strategie verknüpft. Am Anfang des Theologiestudiums hatte ich im Rahmen der Ethik davon gelesen und sofort mit eigenen Recherchen zum Thema begonnen. In einer nächsten Phase haben wir andere Familien in der Schweiz besucht. Die Vergewisserung vor Ort hat uns dermaßen beeindruckt (gerade unser Eindruck von Erwachsenen, die von ihren Eltern unterrichtet worden waren), dass wir selber die Umsetzung dieser Bildungsalternative ins Auge fassten. Die Recherchen habe ich verschriftlicht und zur Masterarbeit in Theologie erweitert.

So ist denn auch der erste Teil „Theologische Grundlagen der Pädagogik“ für mich der entscheidende. Nebenher gab es noch ein ganz praktisches Ziel: Interessierten eine schriftliche Hilfestellung an die Hand geben zu können. So führe ich zahlreiche Gespräche zum Thema Familie und Erziehung. Für mich ist Home Education eine valable Bildungsinitiative, die allerdings gut bedacht sein will. Wir müssen uns hüten, eine utopische Vorstellung einer Traum-Kindheit zu entwickeln. Als Eltern sind wir „funktionale Vorgesetzte“. Wenn wir die Kinder auch noch als junge Erwachsene zu stark an uns binden, setzen wir uns letztlich an die Stelle Gottes. Davon schreibe ich auch in diesem Buch. Ich bin nicht der Gott meines Kindes, sondern sein Vorgesetzter während der ersten Lebensetappe. Und als solcher bin ich verantwortlich für die Entwicklung des Kindes.

Nach allen Recherchen, vor allem unterstützt durch die Ergebnisse der modernen Bindungsforschung, bin ich der Ansicht: Eine enge Bindung am Anfang ist die Voraussetzung für die gesunde Loslösung des Kindes.

 

Worin unterscheidet sich die Lage in der Schweiz von anderen Ländern?

Die Gesetzgebung der Schweiz widerspiegelt stark deren föderalistische Struktur – aus meiner Sicht ein Gut, dass es unbedingt zu bewahren gilt. So bestehen in allen Kantonen der Schweiz unterschiedliche Regelungen zu Home Education. Zusammengefasst präsentiert sich die Situation wie folgt: Home Education ist grundsätzlich in allen Kantonen erlaubt; in manchen Kantonen wird ein Lehrpatent und/oder eine Bewilligung benötigt. Leider haben mehrere Kantone in den letzten Jahren eine sehr restriktive Handhabung entwickelt. Das ist für mich unverständlich. Denn es ist unbedingt zwischen einer Schul- und einer Bildungspflicht zu unterscheiden.

Wenn Eltern die Bildung ihrer Kinder selbst in die Hand nehmen (und das werden sie sich in aller Regel gründlich überlegt haben), dann ist höchstens sicherzustellen, dass die Kinder ihre Lernziele erreichen. Ich wünschte mir, dass jedes Kind auch in der Schule eine individuelle jährliche Überprüfung der Lernziele absolvieren dürfte, wie das bei meinen Kindern geschieht.

 

Das Martin Bucer Seminar nimmt für sich in Anspruch, „Mission durch Forschung“ zu betreiben. Wie haben Sie das selbst erlebt?

Meine elf wissenschaftlichen Arbeiten während des Studiums am Martin Bucer Seminar habe ich allesamt zu persönlich relevanten Themen verfasst. Beispielweise habe ich mich stark mit Viktor Frankl und dem in der Personalentwicklung sehr populären Konstruktivismus beschäftigt. Diese Arbeiten bieten mir heute Andockstellen für zahlreiche Gespräche. Insofern habe ich den Anspruch „Mission durch Forschung“ nicht nur erlebt, ich wurde selbst ermutigt, diesen Ansatz zu leben.

 

 

Bibliografische Angaben:

·         Hanniel Strebel. Home Education – Verteidigung eines alternativen Bildungskonzepts und Lebensstils unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz. Pädagogik in Europa in Geschichte und Gegenwart / Pedagogics in Europe: The Past and The Future 3. Verlag für Kultur und Wissenschaft: Bonn, 2011. Pb. 216 S. 16,00 EUR [D] ISBN 978-3-86269-013-8

·         Lieferbar über den örtlichen Buchhandel oder online unter Opens external link in new windowwww.vkwonline.de

 

Downloads und Links:

·         Cover Front (Initiates file downloadjpg)

·         Cover komplett (Initiates file downloadpdf)

·         Bild 1: Hanniel Strebel (Initiates file downloadjpg)

·         Bild 2: Absolvierung von Hanniel Strebel, mit Prof. Dr. Thomas Schirrmacher (Initiates file downloadjpg)

·         Opens external link in new windowBQ 32: Uni Bonn: Pädagogikprofessor plädiert für eine Lockerung des Homeschoolverbots

Dokumente

BQ0177_01.pdf