Bonner Querschnitte 23/2023 Ausgabe 766

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„Ich habe einen Freund verloren“ – Bischof Schirrmacher nimmt Abschied von Bischof Michael El Baramousy

(Bonn, 18.09.2023) Am 05.08.2023 verstarb einer der beiden koptischen Bischöfe in Deutschland, Bischof Michael El Baramousy, oder „Anba Michael“, wie ich ihn als Freund liebevoll nannte, und wie ihn seine Gemeinden nannten. Einen Tag nach seinem Tod hätte er seinen 81. Geburtstag gefeiert.

Foto: Bischof Schirrmacher begrüßt den koptischen Papst am 19.12.2013 in Deutschland © BQ/SchirrmacherIch hatte die Ehre bei seiner Bischofsweihe in Kröffelbach am 30.06.2013 zu predigen und ihm als Erster zu gratulieren. 12 koptische Bischöfe waren anwesend. Ein halbes Jahr später hatte ich die Ehre, in seiner Kirche in Kröffelbach den koptischen Papst auf deutschem Boden zu begrüßen.

Bischof Michael war nicht nur für die Beziehungen zwischen der koptischen Kirche und allen Kirchen in Deutschland, einschließlich der Evangelischen Allianz ein bedeutsamer Vermittler, sondern vor allem ein Vorbild an christlicher Demut und Bescheidenheit und strahlte eine unglaubliche Freundlichkeit aus. Dies habe ich von vielen bestätigt bekommen, Gemeindegliedern, Mönchen in seinem Kloster und Vertretern anderer Kirchen.

Am 06.08.1942 im ägyptischen Kalubeya geboren, arbeitete Bischof Michael zunächst im Bankwesen, bevor er Theologie studiert und Eremit in einem Kloster in Ägypten wurde. 1980 zog er nach Deutschland, um koptische Christen in Deutschland zu betreuen. 1990 kaufte er eine Pension in Waldsolms-Kröffelbach, nahe meiner Heimatstadt Gießen.

Viel zu spät wurde er zum Bischof geweiht, da erst der neue koptische Papst umfassend Bischöfe weltweit in der Diaspora ernannte, die vor Ort inkulturiert waren (siehe BQ 263). Er teilte sich mit Bischof Anba Damian die Betreuung der koptischen Kirchengemeinden in Deutschland, er war für die südliche Hälfte Deutschlands zuständig (Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, halb Nordrhein-Westfalen). Die Butzbacher Zeitung berichtet über sein Wirken:

„Im Jahr 2000 baute Michael ein Haus für Priester, Brüder genannt, mit 30 Klosterzellen. Im November 2002 wurde in Kröffelbach der Lehrbetrieb im Institut für koptisch-orthodoxe Theologie mit über 30 studierenden Männern und Frauen aufgenommen. 2007 kaufte Michael die ehemalige Grundschule des Ortes, die er zum theologischen Seminar umgestaltete. Im Juni 2013 wurde Michael zum Bischof für die koptisch-orthodoxe Diözese Süddeutschland ernannt und damit Seelsorger und Ansprechpartner für Kopten in Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern, Baden-Württemberg und Teilen von Nordrhein-Westfalen. Für die wachsende koptische Bevölkerung hat Bischof Michael neun Kirchengemeinden gegründet und drei Kirchengebäude gekauft in Mainz, Bergneustadt und Wetzlar, wo seit dem letzten Jahr in der ehemaligen katholischen St. Elisabethkirche nun koptische Gottesdienste gefeiert werden. 2011 wurde auf dem Klostergelände ein Gästehaus mit 40 Zimmern errichtet. Derzeit leben in Kröffelbach 15 Priester und zwei Novizen.“ (Butzbacher Zeitung)

Auszug aus der Meldung von 2013 zur Bischofsweihe von Bischof Michael (BQ 263):

„Schirrmacher ermahnte aber auch die in Europa lebenden Kopten, den Glauben an die Erlösung in Christus nicht wegzuwerfen. ‚Es wäre eine Tragödie‘, so Schirrmacher wörtlich, ‚wenn Familien, die in vielen Generationen unter Verfolgung den christlichen Glauben bewahrt haben, diesen in der Freiheit des Westens in kürzester Zeit über Bord werfen würden‘.

Foto: Bischof Schirrmacher gratuliert Bischof Michael El Baramousy bei dessen Bischofsweihe am 30.06.2013 in Deutschland © BQ/SchirrmacherBischof Michael dankte Schirrmacher für seine bewegenden Worte. ‚Hier hat jemand uns koptischen Bischöfen aus tiefstem Herzen gesprochen. Der Glaube an das Heil in Jesus Christus gilt für alle Menschen und wir wollen auch den Menschen in Europa, die nicht mehr glauben, ein Zeugnis sein.‘

Wie Schirrmacher den Medien gegenüber erklärte, gehöre die Bischofsweihe zu einem erfreulichen Programm des neuen koptischen Papstes, Tawadros II., das er kürzlich allen europäischen Bischöfen und Priestern in Wien vorgestellt habe. Alle Teile Europas, die bisher noch dem Papst in Kairo direkt unterstellt waren, bekommen derzeit eigene Bischöfe, alle zu große Diözesen werden geteilt. Damit wird die eigentliche Kirchenführung im großen Stil auf die nationale und örtliche Ebene verlagert und nahe an die Kirchengemeinden herangebracht. Nach Einschätzung von Schirrmacher sei diese weltweite Umstrukturierung der Schritt der koptischen Kirche zu einer wirklich globalen Gemeinschaft.

Zuvor hatte sich Schirrmacher von fünf Bischöfe aus Ägypten ausführlich von der Lage in Ägypten berichteten lassen. Noch vor dem Ultimatum der Armee an Mursi berichteten sie, dass derzeit die Armee die einzige Hoffnung sei, den islamistischen Kurs Mursis aufzuhalten und die Lage der Christen zu verbessern.

Das Grundstück des Klosters Kröffelbach wurde 1980 erworben. 1990 wurde die neue Kirche geweiht, die erste koptische Kirche in Deutschland, die nicht übernommen, sondern ganz im koptischen Stil entworfen und gebaut wurde und durchgängig mit deutscher Beschriftung im Innenraum versehen ist. 2002 erfolgte die Gründung des Instituts für Koptisch-Orthodoxe Theologie, an dem derzeit 50 Frauen und Männer ein vierjähriges Theologiestudium absolvieren.

Der bisherige Mönchserzpriester Abuna Michael El Baramousy, der nun zum Bischof geweiht wurde, entwarf die neue Kirche und hat ihren Aufbau ebenso begleitet wie den Aufbau des Theologischen Seminars, das er leitet. Er hat sich jahrzehntelang um gute ökumenische Beziehungen bemüht.“


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