Bonner Querschnitte 26/2012 Ausgabe 220

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Brauchen wir eine religiöse Begründung der Menschenrechte?

Interview mit Thomas Schirrmacher anlässlich der Erscheinens seines Buches „Menschenrechte“ und der Podiumsdiskussion von Amnesty International in der Universität Tübingen

(Bonn, 02.10.2012) In der Studium Generale-Reihe „Human rights and human wrongs – Menschenrechte zwischen Anspruch und Wirklichkeit“, organisiert von der Amnesty International Hochschulgruppe Tübingen, fand am 8.5.2012 in der Juristischen Fakultät im HS 21 des Kupferbaus eine Podiumsdiskussion zwischen dem Tübinger katholischen Moraltheologen Prof. Dr. Franz-Josef Bormann, dem Leiter der islamischen Ausbildung an der Universität Tübingen Prof. Dr. Omar Hamdan, und dem evangelischen Religionssoziologen Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher vom Internationalen Institut für Religionsfreiheit) unter Moderation von Erik Flügge vom Think-Tank ‚Kunstgriff‘ zum Thema Menschenrechte als christlich-westliches Dogma? statt (siehe: Opens internal link in current windowhttp://jplie.edublogs.org/2012/05/04/studium-generale-menschenrechte-als-christlich-westliches-dogma/).

 

Für eine Meldung/Rezension zum Buch „Menschenrechte“ siehe BQ Nr. 204 unter Opens external link in new windowwww.bucer.de/Bq.html

Zur Podiumsdiskussion von Amnesty International an der Universität Tübingen vergleiche die Meldung BQ Nr. 219

 

BQ: Seit wann gelten Menschenrechte in Deutschland?

Schirrmacher: Menschenrechte, die im konkreten Recht verbürgt sind, nennt man Grundrechte. Wenn man einmal von dem auf den Grundrechten der sogenannten Paulskirchen-Verfassung von 1848 geschaffenen „Reichsgesetz betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes“, das selbst formal nur bis 1851 galt, absieht, wurden Grundrechte den Deutschen erstmals in der Weimarer Reichsverfassung von 1919 garantiert. Sie wurden aber mit der Reichstagsbrandverordnung von 1933 von Hitler schon wieder außer Kraft gesetzt. Angesichts dieser 14 Jahre wird erst das Wunder deutlich, dass das Grundgesetz bereits seit 62 Jahren die Grundrechte garantiert und zwar (von Ausnahmen, Unvollkommenheiten und der Fortentwicklung des Menschenrechtssystems abgesehen) insgesamt erfolgreich.

 

Gelten Menschenrechte überall?

Die Idee der Menschenrechte ist schon etwas Merkwürdiges. Während sich einerseits niemand auf eine gemeinsame Begründung einigen kann und jede Detailfrage Gegenstand heftiger internationaler Auseinandersetzungen ist, sind sie andererseits fast das einzige, was die freie Welt zusammenhält, ja was weit darüber hinaus, und sei es nur als Lippenbekenntnis, die Menschheit eint. Außer Saudi Arabien, Myanmar, Fidschi, Tonga, Brunei und dem Vatikanstaat bezeichnen sich alle anderen Länder der Erde als Demokratien mit Menschenrechtsstandards, der Vatikan ist zudem einer der Vorkämpfer der Menschenrechte.

 

Und was ist denn heute anders als früher?

Menschen haben immer schon Menschen schikaniert, gequält, diskriminiert, versklavt, vergewaltigt und umgebracht. Die Unterdrückung von Religions- oder Meinungsfreiheit oder die Anwendung von Folter in Krieg und Gerichtsverfahren oder die Unterdrückung der Frau waren jahrtausendelang völlig normal.

War es aber früher selbstverständlich, dass siegende Heere plünderten, Frauen vergewaltigten und Menschen aus ihren Häusern vertrieben, wird heute von Menschenrechtsorganisationen akribisch mitgezählt, und die Vorgänge können weltweit angeprangert oder sogar als Kriegsverbrechen vor ein internationales Gericht gestellt werden. Während früher Kinder wie selbstverständlich schwer geschlagen wurden und arbeiten mussten, sind sie heute Träger eigener Rechte und ihr Wohl verbietet entwürdigende Erziehungsmethoden und ihre Ausbeutung.

 

Warum nennt man Menschenrechte „Menschenrechte“?

Der Name „Menschenrechte“ ist genial, kann man aus ihm doch die wichtigsten Kennzeichen der Menschenrechte ableiten.

·         Menschenrechte sind universal, sie gelten eben für alle „Menschen“.

·         Menschenrechte sind individuell, da es den „Menschen“ eben nur als einzelnen „Menschen“ gibt.

·         Sie sind aber auch sozial, da es nie nur einen Menschen gibt, sondern immer nur die „Menschen“ und die Rechte für alle zugleich gelten.

·         Sie sind egalitär, weil sie sich aus dem allen gleichen Menschsein ableiten, nicht aus etwas, das Menschen unterscheidet oder verliehen wird.

·         Menschenrechte sind vorstaatlich, weil das Menschsein allem anderen vorausgeht.

·         Menschenrechte sind einklagbar, sind also nicht nur Feststellungen, Appelle oder Forderungen, sondern eben „Rechte“.

·         Sie sind unteilbar, weil eben die Menschen selbst unteilbar sind und der Mensch im Mittelpunkt steht, nicht ein System oder eine Ideologie.

·         Sie sind notstandsfest, da der Mensch auch in schlimmsten Lagen oder auch als Straftäter Mensch bleibt.

 

Warum spricht man vom „Begründungsdefizit“ der Menschenrechte?

„Menschenrechte sind ewig, unabänderlich und gelten überall“, sagt ein modernes Jugendbuch. „Amen“, will man da ob der religiösen Sprache sagen. „Als Naturrecht steht das Menschenrecht dabei über dem Staat.“ Auch das ist religiöse Sprache oder zumindest metaphysische und erstaunlich angesichts des Umstandes, dass allerorten das Naturrecht als überholt gilt.

Doch wer solche Sprache ablehnt, übersieht, dass die Existenz überstaatlicher, alle Menschen verpflichtender Normen erst einmal begründet werden muss. In der Realität wird darauf entweder oft einfach verzichtet, die Begründung steht auf wackeligen Füßen oder sie gilt nur für bestimmte Religionen oder Weltanschauungen.

Von daher ergibt sich das unglaubliche „Begründungsdefizit“ der UNO-Menschenrechtserklärung. Nirgends findet sich eine Herleitung oder Begründung der Menschenrechte, die halbwegs universal akzeptiert ist. Wenn es aber keine Rückbindung der Menschenrechtskataloge an irgendeine höhere Instanz gibt, sind die Menschenrechte eben nur das Ergebnis einer Abstimmung und gelten nur solange, solange ihnen zugestimmt wird.

Umstritten ist sowohl, woraus sich die Existenz von Menschenrechten an sich ableitet, als auch, welche Menschenrechte es denn im einzelnen gibt und wie sie zueinander stehen beziehungsweise welche im Konfliktfall Vorrang haben.Es gibt keinen vereinbarten Kanon unverzichtbarer oder fundamentaler Menschenrechte.

 

Aber es sind doch alle für die „Menschenwürde“!

Die den Menschenrechten zugrunde liegende Idee der Menschenwürde ist merkwürdig vage und ohne universal akzeptierte Begründung, zugleich aber eine der wirkungsvollsten Ideen der Weltgeschichte. Während etwa in der angelsächsischen Philosophie und Diskussion die Menschenrechte mit großer Selbstverständlichkeit als moralische Rechte angesehen werden, lehnt die deutsche Diskussion dies fast einhellig ab. Jürgen Habermas etwa lehnt so etwas wie die moralische Geltung von Rechten, auch von Menschenrechten grundsätzlich ab.

 

Brauchen wir eine religiöse Begründung der Menschenrechte? Oder sind Menschenrechte christlichen Ursprungs?

Einerseits müssen die Menschenrechte natürlich nicht nur allen Staaten, sondern auch allen Religionen und Weltanschauungen vorgeordnet sein, sonst funktionieren sie nicht. Auch die christlichen Kirchen dürfen sie nicht für sich vereinnahmen. Immerhin sind die Menschenrechte nicht immer mit den Kirchen zusammen durchgesetzt worden, wie in den USA, sondern oft eben auch gegen die Kirchen erstritten worden, wie in Frankreich.

So sehr ich als christlicher Theologe und Religionssoziologe wiederholt eine christliche Begründung der Menschenrechte vorgelegt habe und so sehr ich davon überzeugt bin, dass geschichtlich gesehen zentrale Elemente der Menschenrechtsidee aus der jüdisch-christlichen Tradition stammen, wenn auch oft säkularisiert, ja so sehr ich das Begründungsdefizit der Menschenrechtsidee immer wieder anmahne, so sehr gilt doch auch: 1. Niemand kann daran interessiert sein, dass der andere die Menschenrechtsidee ablehnt, weil er die eigene Religion oder Weltanschauung ablehnt. 2. Pragmatismus im Sinne der Berufung auf die Menschenrechte aus einem allgemein menschlichen Gefühl und der immer stärker werdenden positiven Erfahrung mit der Menschenrechtspraxis ist nicht das Schlechteste, wenn es ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. 3. Und schließlich: Mir ist lieber, dass jemand die Menschenrechte begrüßt, ja einhält, und nicht genau weiß, wieso, als dass ihn seine Ablehnung einer bestimmten Begründung dazu bringt, dass er sich zu Menschenrechtsverletzungen berechtigt glaubt.

 

Wenn es so schwer ist, Menschenrechte zu begründen, wieso werden sie dann von so vielen akzeptiert oder gefordert?

Bedeutende Menschenrechtsphilosophen halten – wie schon die amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 – die Menschenrechte für „self-evident“, also offensichtlich, selbstverständlich, sich selbst erklärend. Ihre Durchsetzung verdankten sie nicht philosophischer oder religiöser Überlegungen, sondern Mitleid und Schrecken angesichts fürchterlicher Unrechtserfahrungen und dazu seien alle Menschen in der Lage. Der rationale Diskurs helfe bei der Ausgestaltung, doch die Motivation sei emotional. Angesichts von Konzentrationslagern oder Hungerepidemien reagiere fast jeder Mensch eben gleich. Die Antisklavereibewegung sei zwar von sehr religiösen Menschen ausgegangen, habe es aber geschafft, das emotionale Entsetzen vieler ohne Rücksicht auf deren Weltanschauung zu wecken – der kleine Mann empfindet mit und setzt dies gegen Staat und Wirtschaft durch.

Da die Unrechtserfahrungen universal seien, sei es auch der Wunsch nach Menschenrechten, der besten Idee auf dem Markt, solches Unrecht zu verhindern. Deswegen stützt man sich auf einen praktischen Konsens. Der Philosoph Charles Taylor meint, dass sich die Idee der Menschenrechte gerade so global verbreiten konnte, weil man auf eine wirkliche Begründung verzichtet hat. Da ist sicher etwas Wahres dran, nur kann das auch schnell dazu führen, dass die Menschenrechtsidee auf breiter Basis wieder verloren geht.

 

Sie sprachen einmal von der „Ideologisierung der Menschenrechte“. Was meinen sie damit?

Der Begriff der ‚Menschenrechte‘ wird oft vorschnell verwendet, als sei sowieso jedermann klar, worum es dabei geht. Doch ist sicher Ulrich Dehn zuzustimmen, wenn er im Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen schreibt: „Wenige politisch-juristisch-anthropologische Begriffe sind so weit und diffus und verlocken so sehr zum ideologischen Miß­brauch wie der der Menschenrechte.“

In der UN spielt die Berufung auf Menschenrechte eine enorme Rolle in jeder Art von Lobbypolitik, guter wie schlechter. Am häufigsten werden Menschenrechte von denen angesprochen, die sie am meisten verletzen. Sie fordern auch am häufigsten völlig neue Menschenrechte. So ist oft im großen Politikpoker schwer zu erkennen, wer eigentlich wirklich etwas für andere Menschen und die Freiheit aller will und wer nur moralisch bemäntelt Klientelpolitik betreibt oder seine eigenen Probleme kaschieren will.

Auch die die UN ständig beschäftigende Frage um Israel und die Palästinenser wird wohl weniger geführt, weil den lautstärksten Ländern die menschenrechtliche Lage der Palästinenser so am Herzen liegt, sonst würden einige der Staaten konkret etwas für die Palästinenser in ihrem Land tun, sondern als Herzstück nahöstlicher Außenpolitik.

Auch bei militärischen Interventionen ist der Menschenrechtsschutz mittlerweile die beliebteste Begründung – im Guten wie im Schlechten.

Man muss nüchtern sehen, dass von wenigen bewussten Menschenrechtsverletzern abgesehen 1. heute fast jede Regierung und jeder Mächtige versucht, alles in das Mäntelchen der Menschenrechte zu hüllen und 2. versucht wird, fast jeder öffentliche Forderung durch einen Bezug zu Menschenrechtsfragen mehr Gewicht zu verleihen.

 

Können sie ein Beispiel nennen?

Gibt es ein Menschenrecht auf Rauchen, auf Reisen, auf Liebe, auf Irrtum, auf Drogen, auf einen Fernseher oder ein Auto? Alles das und vieles mehr wurde bereits gefordert. Notwehr ist zulässig, oft unvermeidbar, aber gibt es wirklich ein Menschenrecht auf Notwehr? Werden da wichtige Fragen, die zu klären sind, durch die Menschenrechtsfrage nicht überhöht und damit auch teilweise unlösbar?

Oder wählen wir ein innerhalb der UN derzeit umstrittenes Beispiel. Gibt es ein Recht auf Abtreibung, wie es immer häufiger vertreten wird? Die Notlage von Frauen, die eigentlich nicht schwanger werden wollten, in Ehren, aber ein Menschenrecht der Mutter auf Abtreibung zu proklamieren, vor allem, wenn man das Menschenrecht des Ungeborenen nicht wenigstens mit erwähnt und hier wenigstens eine Kollision zwischen hohen Rechtsgütern sieht, ist schwer nachzuvollziehen.

Also eine Warnung vor neuen Menschenrechten – bleibt bei den alten von 1948?

Nein, das soll nicht bedeuten, dass an sich keine Menschenrechte hinzukommen könnten. Die Rechte der Menschen mit Behinderungen, die speziellen Kinderrechte oder auch das Recht auf Trinkwasser (wie soll man sonst Mensch sein?) sind alle recht junge Entwicklungen und trotzdem eigentlich unumstritten und folgerichtig.

 

Wie tief reichen die Menschenrechte in die Geschichte zurück?

Lange war es verpönt, eine Verbindungslinie zwischen Freiheitsrechten früherer Jahrhunderte und modernen Menschenrechten zu ziehen. Man ließ die eigentliche Geschichte der Menschenrechte mit der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts beginnen, selbst die zeitgleiche Amerikanische Unabhängigkeit wurde oft ausgeblendet oder zumindest ihre hundertjährige Vorgeschichte.

Streng genommen sind die berühmtesten Menschenrechtserklärungen der Geschichte keine umfassenden gewesen. Die Erklärung in Frankreich galt erst nach einem längeren Prozess auch für Protestanten und schloss die Frauen überhaupt nicht mit ein – eine entsprechende sehr gute Erklärung der Frauenrechte wurde von den Revolutionären verworfen und ihre Autorin 1793 hingerichtet, das Frauenwahlrecht in Frankreich wurde erst 1944 eingeführt! Die „Bill of Rights“ der USA überging zwar auch die Frauen, insbesondere aber die Indianer und die Sklaven.

Wer nach einer vollausgeprägten Menschenrechtsidee und Rechtspraxis in der Geschichte sucht, die wirklich für ausnahmslos jeden Menschen galt, wird vor dem Zweiten Weltkrieg nicht fündig. Und selbst die heute selbstverständlichen Menschenrechte haben sich erst im Laufe der Jahrzehnte danach entwickelt, so eben die erwähnten Kinderrechte, die Rechte für Menschen mit Behinderung oder das Recht auf Trinkwasser.

Aber die Menschenrechtsidee speist sich geschichtlich aus mehreren großen Strömen, die sie zusammenführt, ohne die sie weder entstanden wäre, noch eine solch wuchtige Wirkung hätte entfalten können.

Insofern ist der Diskussion um die Geschichte der Menschenrechte vorzuwerfen, dass sie sich zu oft entweder an Begriffen festmacht oder aber an einzelnen Themen oder bedeutenden geschichtlichen Ereignissen und Texten, nicht aber das Gesamtbild im Auge behält.

 

Können Sie ein Beispiel nennen?

Die Abschaffung der Folter beginnt ironischerweise mit der Inquisition, die versucht, Folter einzudämmen und mit festen Rechtsregeln zu versehen, beginnt dann aber konkret 1754 mit Friedrich dem Großen, der die Folter in Armee und Rechtswesen abschafft und führt dann über die UN-Folterkonvention von 1984 zur modernen Ausprägung. Die Entwicklung kreuzte sich fortlaufend mit anderen allgemeinen und speziellen Entwicklungen rund um die Menschenrechte, bleibt aber trotzdem ein eigenständiger Verlauf, der sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg untrennbar mit den Menschenrechten als solchen verbindet.

Welche politische Richtung hat am meisten zu den Menschenrechten beigetragen?

Zur Geschichte der Menschenrechte gehört ebenso der Liberalismus mit seiner starken Betonung der individuellen Freiheiten und des Rechts auf das Anderssein wie der Sozialismus mit seiner starken Betonung kollektiver Verantwortung und sozialer und wirtschaftlicher Teilhaberechte. Konservative Spuren finden sich in den Rechten rund um Ehe und Familie, progressive in der Bestrafung der Vergewaltigung in der Ehe, die letztlich doch dieselben Werte schützt.

Wählen wir die im Bundestag vertretenen Parteien oder besser die politischen Strömungen, die sie repräsentieren, dann müssen wir feststellen: Jede ist zwar irgendwann in der Geschichte auch an Unterdrückung beteiligt gewesen, aber jede hat auch ein wesentliches Element in die Entwicklung des Menschenrechtsgedankens bis in die Gegenwart eingebracht.

 

Wie kann ich mich engagieren?

Das Feld der Menschenrechtsarbeit ist unendlich weit. Deswegen hier einige Ratschläge für Einsteiger, die etwas bewirken wollen. Für die Menschenrechtsarbeit gilt nämlich: Gemeinsam sind wir stark. Je mehr Einzelne etwas tun, desto größer die Gesamtwirkung nicht nur für das eine Recht, für das man sich persönlich einsetzt. Unterscheiden Sie zwischen Möglichkeiten, die Ihnen Ihr Beruf oder Ihre Stellung bietet, und zwischen Möglichkeiten des privaten Einsatzes. Die folgenden Überlegungen aus meinem Buch können dabei ein guter Einstieg sein.

 

1. Beruflich:

1.1 Überlegen Sie als erstes, welche rechtlichen Verpflichtungen es im Bereich Ihres Berufes, Ihrer Tätigkeit, Ihrer Firma, Kirchengemeinde usw. gibt und ob gewährleistet ist, dass ihnen nachgekommen wird. Werden Sie eine Art Menschenrechtsbeauftragter oder Menschenrechtsanwalt im eigenen Umfeld (z. B. Sie informieren sich und stellen fest, dass die gesetzlichen Bestimmungen und die UN-Konvention bezüglich Menschen mit Behinderungen bei Ihnen keine Rolle spielt und versuchen das zu ändern).

1.2 Überlegen Sie, mit welchen Menschenrechten Ihr Beruf, Ihre Tätigkeit usw. Sie, Ihre Firma, vor allem in Berührung kommt (z. B. Kinderarbeit im Globalen Süden für Firmen in der Kleidungsbranche; zu teure Medikamente für Arme für Mitarbeiter in der Heilbranche).

1.3 Überlegen Sie, mit welchen Ländern besondere Kontakte bestehen oder in welchen Ländern das Wort von Deutschen, Schweizern oder Österreichern aus Ihrem beruflichen Umfeld besonderes Gewicht hat.

1.4 Finden Sie heraus, wer sich in diesem Bereich engagiert und welche Möglichkeiten es gibt, sich dort direkt oder aber auch über Ihren Arbeitgeber oder einen Verband offiziell zu engagieren (z. B. Beitritt zu Anti-Sextourismus-Aktionen in der Reisebranche).

1.5 Überlegen Sie, welche Menschenrechtsorganisation von ihren besonderen Kenntnissen profitieren könnte (z. B. Werbegrafiker, die kostenlos knackige Kampagnen entwerfen; Ärzte und Handwerker, die ihren Urlaub opfern; Finanzfachleute, die im Vorstand mitarbeiten).

2. Privat:

2.1 Stöbern Sie in Veröffentlichungen oder im Internet und entscheiden sie sich für einen Bereich aus dem großen Spektrum der Menschenrechte (z. B. Bekämpfung von Landminen; Gefangenenbetreuung).

2.2 Informieren Sie sich, welche Organisationen es dazu gibt. Lassen Sie sich regelmäßige Informationen von 2-3 von ihnen schicken. Suchen Sie dann eine heraus, die Sie konkret unterstützen und bei der Sie mitmachen wollen.

2.3 Informieren Sie sich, welche Mitarbeitsmöglichkeiten es gibt und suchen Sie sich eine heraus, die ihnen besonders liegt und von der Sie sich vorstellen können, dass Sie sie auch über Jahre begeistern kann (z. B. Gefangenenbetreuung durch Briefe schreiben; Mitarbeit in Arbeitskreisen oder Vorstand; Facebooknetzwerk aufbauen).

2.4 Es findet sich für jeden etwas! Alle Menschenrechtsorganisationen sind für jeden dankbar, der mit Hand anlegt und gerade auch für scheinbar unwichtige Dinge Zeit und Geld opfert.

2.5 Überlegen Sie, welche Länder Sie besonders gut kennen (z. B. bereist haben oder gerne bereisen würden) oder interessieren, um dort eventuell zusätzlich einen Schwerpunkt zu setzen. Vielleicht können Sie ja auch besondere Sprachkenntnisse einbringen?

 

 

Downloads:

·         Initiates file downloadBild1: Podiumsgespräch an der UNI Tübingen mit Prof. Schirrmacher (rechts) und E. Flügge

·         Initiates file downloadBild2: Podiumsgespräch an der UNI Tübingen mit (von links) Prof. Bormann, E. Flügge, Prof. Schirrmacher, Prof. Hamdan

·         Fotos: © IIRF Yakubu Joseph; AI Nicola Sonanini

Dokumente

BQ0220.pdf