Bonner Querschnitte 31/2013 Ausgabe 266

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Religionsfreiheit, ein umkämpftes Menschenrecht

Podiumsdiskussion auf dem 34. Ev. Kirchentag mit Schmidt, Schirrmacher, Damian und Abraham

Ein Bericht des Zentralrates der Orientalischen Christen in Deutschland (ZOCD)

(Bonn, 20.08.2013)

Quelle: Opens external link in new windowhttp://zocd.de/34-evangelischer-kirchentag-in-hamburg/

Im Rahmen des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hamburg veranstaltete der Evangelische Arbeitskreis (EAK) der CDU/CSU eine Podiumsdiskussion zum Thema „Religionsfreiheit, ein umkämpftes Menschenrecht“. Eingeladen waren der bayrische EAK-Landesvorsitzende, der Parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt, MdB, Prof. Dr. theol. Dr. phil. Thomas Schirrmacher (Sprecher für Menschenrechte und Vorsitzender der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz; Direktor der Internationalen Instituts für Religionsfreiheit; Beiratsmitglied im Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland, ZOCD), Bischof Anba Damian (Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland) und Janet Abraham (Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland, ZOCD).

Die gut besuchte Diskussionsrunde des EAK befasste sich mit herausfordernden Themen und stellte im Kontext der Religionsfreiheit die allgemeine Situation der Christen im Nahen Osten dar, sowie die dramatische Lage in Syrien, insbesondere die aktuelle Entführung der beiden orthodoxen Bischöfe aus Aleppo. Weiterer Diskussionspunkt war der aktuelle Stand über das Gerichtsverfahren des syrisch-orthodoxen Kloster Mor Gabriel in der Türkei.

Der Moderator, Dr. Philipp Hildmann, Büroleiter des Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung, führte die Diskussion mit der einleitenden Frage, wie die Situation in Syrien zu bewerten sei und welche Auswirkungen der Bürgerkrieg auf die Christen hat.

Staatssekretär Schmidt meinte, dass es momentan schwer abzuschätzen sei, wie die Zukunft für Syrien aussehen könnte. Eine Prognose für die Zukunft ist nicht möglich. Ein deutliches Warnsignal bezüglich der Lage von Minderheiten allgemein und im Besonderen von Christen, zeigt die Entführung der beiden Bischöfe aus Aleppo. Für die christlichen Minderheiten ist das ein weiterer Tiefschlag. Der Appell der 126 Abgeordneten der CDU/CSU Fraktion kritisierte die Verschleppung der beiden Bischöfe aufs Schärfste und forderte die sofortige Freilassung der Geistlichen Kirchenträger.

Janet Abraham vom ZOCD sieht die Lage ebenso sehr kritisch: „Der Bürgerkrieg ist für alle Syrer eine Katastrophe. Je länger er andauert, desto mehr islamistische Gruppierungen übernehmen die Führung im Kampf gegen das Assad-Regime. Dadurch verstärkt sich die Bedrohung, vor allem aber gegen die Christen, welche fürchten müssen, nach der Vertreibung aus dem Irak nun auch Syrien, ihre angestammte Heimat, verlassen zu müssen. Die Entführung des syrisch-orthodoxen Erzbischofs aus Aleppo, Mor Gregorios Yohanna Ibrahim, und des griechisch-orthodoxen Erzbischofs aus Aleppo, Boulos Yazigi, ist ein klares Signal für die Christen, das Land zu verlassen.“ Die Lage ist weit dramatischer, als die Medien in Deutschland berichten. Ein Massenexodus von Zehntausenden Christen hat bereits begonnen. Viele fliehen oder werden vertrieben. Die meisten von ihnen fliehen zu den christlichen Gemeinden in den Libanon oder in den Nordosten Syriens, wie die Städte Kamishly, eine Hochburg der syrischen Christen Syriens. Viele Flüchtlinge meiden die offiziellen großen Flüchtlingslager des UNHCR oder der großen NGOs, weil die Lager z. T. von islamistischen Gruppen kontrolliert werden. Sie bekommen weder offizielle Hilfe durch NGOs noch werden sie als Flüchtlinge registriert.

Auch in den Tur Abdin, im Südosten der Türkei, sind viele Menschen geflohen. Sie haben entweder in den syrisch-orthodoxen Klöstern Zuflucht gefunden oder sie werden von christlichen Familien in den Dörfern aufgenommen. Auch in der Türkei meiden viele die Flüchtlingscamps aus Angst vor Repressalien.

Ein weiterer Aspekt der Diskussion war das aktuelle Gerichtsurteil vom 24. April 2013, bei dem die Schutzmauer um das Kloster Mor Gabriel beschlagnahmt wurde, so wie bereits zuvor über 52 Hektar Klosterland enteignet wurde und dem Staatsforst zufiel.

„Das aktuelle Gerichtsurteil ist ein weiterer Rückschlag für das Kloster und zeigt, dass der türkische Staat – trotz der weltweiten Solidarität mit Mor Gabriel – nicht von seinem Ziel abzubringen ist, das Kloster zu enteignen und den Bischof, die Mönche und die Nonnen aus ihrem Kloster zu vertreiben“, so Janet Abraham vom ZOCD.

Obwohl die Türkei seit 2005 in Beitrittsverhandlungen mit der EU steht, hat sie sich bisher kaum auf die Minderheiten – ganz besonders auf die Christen – zubewegt und ihnen Rechte zugesprochen. Janet Abraham, das Vorstandsmitglied des ZOCD, betonte, dass „ohne der europäischen und insbesondere der deutschen Solidarität sowie des politischen Rückhalts der aktuellen Bundesregierung, das Kloster vermutlich schon enteignet wäre”.

Die christlichen Minderheiten im Nahen Osten sind nicht nur in Syrien Repressalien ausgesetzt. Bischof Anba Damian sprach über die Situation der Kopten in Ägypten und erläuterte, wie dramatisch die Lage für die Christen geworden ist. Die Kopten gehören zu Ägypten, doch ihnen wird täglich suggeriert das Land zu verlassen. Viele wären bereits geflohen. Er appelliert an die Bundesregierung und die Politiker, Flüchtlinge aufzunehmen. Deutschland dürfe seine Türen nicht vor den Flüchtlingen zuschlagen.

Prof. Schirrmacher äußerte sich ebenso zur weltweiten allgemeinen Christenverfolgung. Christen sind die am meisten verfolgte Glaubensgemeinschaft.

Der Sprecher der Weltweiten Evangelischen Allianz für Menschenrechte äußerte sich über die Situation der Christen im Nahen und Mittleren Osten, dass „die meisten christlichen Opfer auf das Konto von Fundamentalisten und gewaltbereiten Islamisten zurückzuführen sei“. Hunderttausende Christen wurden zwischen 2004 und 2010 aus dem Irak vertrieben. In Syrien könnte es ähnlich verlaufen. Die Zahl der alteingesessenen Christen im Nahen Osten nimmt dramatisch ab.

Im Rahmen des Kirchentages und zum Thema Christenverfolgung fand am Freitagabend, ein Tag vor der Podiumsdiskussion, eine Veranstaltung unter dem Titel „Bleiben oder Fliehen“ in der syrisch-orthodoxen Kirche St. Dimetstatt statt, welche die Situation der Christen im Nahen Osten näher gebracht hat.

Ein Appell mit folgendem Wortlaut wurde formuliert, der auch bei der Podiumsdiskussion am Samstag von den meisten Zuhörern mitunterzeichnet wurde.

„Wir, Teilnehmer des 34. Evangelischen Kirchentages in Hamburg, bekunden unsere Solidarität mit den verfolgten Christen vor allem im Vorderen Orient und fühlen uns betroffen von der Entführung der beiden Metropoliten von Aleppo, seine Eminenz Metropolit Mor Gregorios Yohanna Ibrahim der syrisch-orthodoxen Kirchen und dem Metropoliten der rum-orthodoxen Kirche Boulos Yazigi. Wir appellieren an die Bundesregierung und Europäische Union alles in ihrer Macht mögliche zu tun, um die Freilassung der beiden Bischöfe zu erwirken.“

Pressemeldung der CSU zum Kirchentag

Quelle: Opens external link in new windowhttp://www.csu.de/partei/parteiarbeit/arbeitskreise/eak/eak-aktuell/mai-2013/evangelischer-kirchentag/

Höhepunkt war eine sehr gut besuchte Podiumsdiskussion zum Thema „Religionsfreiheit – Ein umkämpftes Menschenrecht“. Es diskutierten der Parlamentarische Staatssekretär und Landesvorsitzender des EAK Christian Schmidt, MdB mit Bischof Anba Damian (Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschlands), Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher (Sprecher für Menschenrechte und Vorsitzender der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz; Direktor der Internationalen Instituts für Religionsfreiheit) und Janet Abraham (Zentralrat Orientalischer Christen in Deutschland). Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Dr. Philipp Hildmann von der Hanns-Seidel-Stiftung. Es wurde die Lage von verfolgten Christen weltweit erörtert und mehr Einsatz von Kirchen und Politik gefordert. Janet Abraham schilderte beispielhaft den  Kampf um eines der ältesten, christlichen Klöster, das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel im Südosten der Türkei, das durch den türkischen Staat enteignet zu werden droht.  Frau Abraham ließ ihren Schilderungen einen Dank an die Bundesregierung folgen, ohne deren Einsatz das kulturelle Erbe der syrisch-orthodoxen Christinnen und Christen wohl schon enteignet wäre. In diesen Dank stimmten auch Bischof Damian und Prof. Dr. Dr. Schirrmacher ein und forderten die Kirchen auf, sich entschiedener für die Rechte der Christen weltweit einzusetzen.

 

Links zu weiteren Berichten:

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·         Opens external link in new windowhttp://www.hildmann.de/?p=1026

 

Downloads:

·         Initiates file downloadFoto1: Podiumsdiskussion; von links: Schirrmacher, Abraham, Schmidt, Damian, Hildmann (© ZOCD)

·         Initiates file downloadFoto2: Janet Abraham und Thomas Schirrmacher im Gespräch mit Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (© ZOCD)

Dokumente

BQ0266.pdf