Bonner Querschnitte 44/2014 Ausgabe 330

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Das Menschenrecht auf Trinkwasser: Menschenrechte an der Universität

Gastvorlesungen in Weißrussland (Belarus)

(Bonn, 03.12.2014) Der Präsident des Internationalen Rates der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte hat eine Gastvorlesung über „Wesen und Bedeutung der Menschenrechte illustriert am jüngsten Menschenrecht – auf Trinkwasser“ an der Juristischen Fakultät der Staatlichen Universität Brest in Belarus (Weißrussland) im Rahmen eines Symposiums zu den Menschenrechten gehalten. Dies war ungewöhnlich, weil Weißrussland (offiziell: Belarus) keine Demokratie ist und Menschenrechte dort selten öffentlich angesprochen werden.

Die „Brest State University named after A. S. Pushkin“ (so der offizielle Name) ist die größte Hochschule im westlichen Weißrussland mit rund 10.000 Studenten in 11 Fakultäten.

Der Gastvorlesung ging ein einstündiges Gespräch mit und eine offizielle Begrüßung durch den Rektor der Universität, Prof. Dr. Mechyslau Chasnouski, voraus.

In Weißrussland hatte sich Schirrmacher zuvor mit der stellvertretenden Außenministerin Irina Velichko im Außenministerium getroffen, die Weißrussland in der UN vertritt. Dabei ging es vor allem um die Stellungnahme der ISHR zum ‚Universal Period Review‘ zu Weißrussland im UN-Menschenrechtsrat in Genf.

In Weißrussland trat Schirrmacher zusammen mit dem Vertreter der UN in Weißrussland („Head of the Department of Public Information (UNDIP) of the UN Office in Belarus“), V. Radivinovski, auf, der ebenfalls über „Das Menschenrechtssystem der UN“ sprach. In einem einstündigen Gespräch informierte Radivinovski Schirrmacher über Menschenrechtsprobleme in Weißrussland.

Eingeladen wurde Schirrmacher vom Präsidenten der ISHR-Sektion in Weißrussland, Prof. Dr. jur. Ivan Ivanavich Kotlyar, der an der Universität Brest seit 1994 Vorlesungen und Symposien zum Thema Menschenrechte organisiert. Er ist Professor für politische Wissenschaften und entwarf im Auftrag der Regierung ein Standardcurriculum für Menschenrechte für alle Universitäten in Weißrussland. Das dazugehörige Lehrbuch „Menschenrechte“ wird allen Studenten des Landes empfohlen.

Nach dem Symposium nahm Schirrmacher zudem an der Mitgliederversammlung der Sektion Belarus der ISHR/HGFM teil. In Weißrussland sind die meisten Mitglieder der ISHR Hochschullehrer und deren ehemalige Studenten.

Weißrussland hat fünf Nachbarn, Polen, Ukraine, Russland, Lettland und Litauen. Die Hauptstadt ist Minsk, die zweitgrößte Stadt Brest am anderen Ende des Landes an der Grenze zu Polen. 1991 wurde aus der Sowjetrepublik Weißrussland nach Auflösung der Sowjetunion ein unabhängiger Staat. 1994 wurde Alexander Lukaschenko Präsident, der das Land seitdem autoritär regiert. Westliche Beobachter bezeichnen das Land häufig als „letzte Diktatur Europas“. Die Wirtschaft ist eine Mischung aus der beibehaltenen Planwirtschaft der Zeit vor 1991 und der seitdem zusätzlich aufgebauten Marktwirtschaft, oft durch Investitionen aus dem Westen, wobei es weniger Kleptokratie als in anderen GUS-Staaten gibt und Weißrussland hat laut der UNO den höchsten Lebensstandard in den GUS-Staaten hat.

 

Links:

·        Über die Universität: Opens external link in new windowhttp://www.brsu.by/en/

·        Über die Universität: Opens external link in new windowhttp://sup.uwb.edu.pl/en/bupasp.html

·        Über die Universität: Opens external link in new windowhttp://bel-univer.do.am/index/brest_state_university_named_after_a_s_pushkin/0-18

·        Über Prof. Kotylar: Opens external link in new windowhttp://bsir.iatp.by/people.htm

·        Über die Veranstaltung von der Webseite der UN in Weißrussland: Opens external link in new windowhttp://undp.by/en/news/belarus/2014/e669345db8d4d.html

Brest seit dem Polenfeldzug

Von Thomas Schirrmacher

(Unter Verwendung von Formulierungen der Wikipedia, den Informationen meines einheimischen Reiseführers in der Brester Festung und von Wolfgang Curilla: Die deutsche Ordnungspolizei und der Holocaust im Baltikum und in Weißrußland 1941-1944. Paderborn, 2006.)

1939 wurde das polnische Brest im Rahmen des Polenfeldzugs von Deutschland erobert, aber anschließend nach einer gemeinsamen deutsch-sowjetischen Militärparade gemäß des sog. Hitler-Stalin-Paktes (genauer dem Geheimen Zusatzprotokoll zum Molotov-Ribbentrop-Abkommen), der Roten Armee übergeben, die den polnischen Teil von Weißrussland mit dem sowjetischen Teil von Weißrussland zusammenlegte. Weißrussland nennt das heute die „Wiedervereinigung der westlichen Belarus mit der Belarussischen Sozialistischen Sowjetrepublik“, der Einmarsch sowjetischer Truppen heißt bis heute offiziell „Befreiungsfeldzug der Roten Armee“.

Als 1941 das Deutsche Reich die Sowjetunion, war die Brester Festung hart umkämpft, 2.000 Rotarmisten starben, 6.800 gerieten in Gefangenschaft. Dem anschließenden Terror des deutschen Polizei-Bataillons 307 und später der Sicherheitspolizei und der SS fielen 9.000 Brester Zivilisten zum Opfer, etwa die Hälfte davon Juden. Außerdem wurde ein Ghetto eingerichtet, das bis zu 12.000 Menschen aus ganz Osteuropa aufnahm und bei und nach dessen Schließung 1942 15.000 bis 20.000 Menschen umgebracht wurden.

Im Dezember 1941 richteten die deutschen Machthaber auch in Brest ein Ghetto für die jüdische Bevölkerung ein. Seine Bewohner mussten sich registrieren lassen, weshalb im Archiv des Brester Oblast ein einzigartiger Quellenkorpus vorliegt: Mehr als 12.000 Protokolle über die Ausgabe von Ausweisen an Ghettobewohner sind erhalten geblieben. Sie enthalten neben persönlichen Daten auch jeweils einen Fingerabdruck sowie eine Fotografie. Häufig war dies die erste und letzte Aufnahme im Leben eines jüdischen Einwohners von Brest. Vom 15. bis 18. Oktober 1942 wurde das Ghetto „aufgelöst“, d. h. seine Einwohnerschaft ermordet. Die Polizeikompanie Nürnberg, SD, polnische Schutzmannschaften und das Polizeibataillon 310 sperrten zu diesem Zwecke am 15. Oktober das Ghetto ab und trieben seine Bewohner zusammen. Bereits dabei wurden viele Menschen an Ort und Stelle ermordet. Die Überlebenden wurden in Zügen zur Erschießungsstelle bei Bronnaja Gora, etwa 110 km östlich von Brest, gebracht, wo sie im Verlauf der folgenden Tage erschossen wurden. Die genaue Zahl der in diesen Tagen Ermordeten ist nicht bekannt, wird aber aufgrund verschiedener Quellen mit etwa 15.000 bis 20.000 angegeben.

1944 befreite die Rote Armee Brest. Nach dem Krieg entwickelte die Sowjetunion den Mythos, die Festung habe einen Monat standgehalten und keiner habe sich ergeben, 1965 wurde die Festung deswegen zu einer monumentalen Gedenkstätte mit dem Ehrentitel „Heldenfestung“ ausgebaut.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam Brest an die UdSSR. In den 1940er- und 1950er-Jahren wurde die polnische Bevölkerung nach Polen vertrieben. Brest entwickelte sich seitdem zu einem der größten Industriezentren der Weißrussischen SSR.

 

Downloads:

·        Initiates file downloadBild 1: Während der Vorlesung

·        Initiates file downloadBild 2: Fernsehinterview, rechts von Schirrmacher Prof. I. Kotlyar

·        Initiates file downloadBild 3: Eingang zur Festung Brest, an dem Ort, an dem Hitler eine Ansprache hielt

·        Initiates file downloadBild 4: Monument in der Festung Brest

Dokumente

BQ0330.pdf